Das Urteil von Nürnberg (1961): Ohne den ansonsten üblichen Pathos oder Hollywood-Scheinheiligkeit wird ein sehr ernstes, unglaublich düsteres und erschreckendes Kapitel jüngerer Geschichte abgehandelt. Spencer Tracy brilliert als Höchstrichter der Alliierten, der von den eigenen Reihen ersucht wird, er solle die Nazi-Juristen freisprechen. Denn: Wir brauchen Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus der Sowjetunion! Tracy lässt sich von keiner der beiden Seiten (genial auch Maximilian Schell als Verteidiger von Burt Lancaster) beirren und lernt im Laufe des Prozesses immer mehr über die vier Hauptangeklagten sowie viele der geladenen ZeugInnen.
Der Film sollte meiner Meinung nach an Schulen gezeigt werden. Es geht um so viel: Demokratie, die Frage, inwiefern jeder Einzelne daran Schuld trägt, wenn eine Demokratie ausgehebelt und zur Diktatur wird, auch die Schuld der weltweiten Staatengemeinschaft, die vielleicht Hitlers Aufstieg erst ermöglicht hat. Ganz tolle Schauspieler (Spencer Tracy, Maximilian Schell, Burt Lancaster, Marlene Dietrich, Judy Garland, William Shatner!), sehr nahegehende Verarbeitung von authentischem Bildmaterial und ein Drehbuch, das während der gesamten drei Stunden keine einzige Sekunde Langeweile aufkommen lässt, machen diesen Film zu einem echten Meisterwerk. 5/5
Von Agenten gejagt (1943): Wieder einer dieser Filme, bei denen es so schade ist, dass der Regisseur (Orson Welles) die Kontrolle über den Final Cut verloren hat. Joseph Cotton wird von Nazi-Scharfschützen verfolgt und flüchtet auf ein Schiff. Seine Verfolger sind allerdings auch an Bord…
Sehr spannend und richtig toll inszeniert, aber leider bei den vielen Kürzungen (von ursprünglich knapp 2 Stunden auf 67 Minuten) viel zu schnell, sodass man mit niemandem wirklich Verbindung aufbauen kann. Gut zum Anschauen, aber es wird merklich, dass die Regie viel mehr im Sinn hatte. 3/5
Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123 (1974): Vier Terroristen - Mr. Blue, Mr. Green, Mr. Grey, Mr. Brown (ja genau, Tarantino lässt grüßen!) - entführen am hellichten Tag eine U-Bahn in New York. Sie fordern binnen einer Stunde eine Million Dollar, für jede Minute zu viel wird eine Geisel erschossen. Walter Matthau tut alles, um das irgendwie zu bewerkstelligen, doch Robert Shaw als eiskalter Anführer Mr. Blue ist unerbittlich und meint es todernst im wahrsten Sinne des Wortes.
Wo sind die Zeiten hin, als ein Thriller keine ellenlangen Erklärungen, keinen Familienkitsch, keinen erzwungenen comic relief-Charakter, keine Effekt-Überladenheit und keine Lovestory gebraucht hat, um zu funktionieren? In der ersten Szene wird die U-Bahn entführt und von da an geht es Schlag auf Schlag. So muss das! Etwas Humor ist natürlich auch dabei, aber keiner der neuartigeren Slapstick-Art, sondern ein bitterer, zynischer Humor, der unglaublich gut zum Setting passt. Wahnsinn, wie gut dieser Film gealtert ist! 5/5