nein, weil da eben das von dir erwähnte element der „wissentlichkeit“ einer falschen aussage fehlt.
Ich hab den Fall besonders als Standard Leser mitverfolgt und sehe gerade den Standard als angeblicher Qualitätsjournalismus immer negativer.
Der Standard war mit seiner Berichterstattung ein Vorbild für Boulevard und Meinungsmache.
Ich habe Unschuldsvermutung und Objektivität sehr vermisst, diese Art der Berichterstattung und Vorverurteilung erwarte ich eher von Oe24.
Artikelsuche „Rammstein“, 1.7. bis 1.8.: 29 Ergebnisse
Hier ein Auszug:
„Grüne Frauensprecherinnen fordern Absage der Rammstein-Konzerte in Wien“
„Der Fall Rammstein zeigt, warum die meisten Opfer schweigen“
"Sexuelle Übergriffe: „Sich wehren braucht viel Mut“
„Rammstein live in Wien: Deutsch und hart und toxisch männlich“
„Zum Rammstein-Konzert gehen oder nicht? Wie Fans sich nun entscheiden“
„Neue Rammstein-Vorwürfe aus Österreich: Trotzdem zum Konzert?“
Das hat nichts mit Verdachtsberichterstattung zu tun!
Interessante Auswahl an Artikeln.
Das ist:
ein Interview über sexuelle Gewalt, in dem der Fall Rammstein als Aufhänger dient und nach der Einleitung mit keinem weiteren Wort erwähnt wird. Eine Debatte unter Rammstein-Fans in der so ziemlich jede Seite zu Wort kommt. Ein unterhaltsamer Konzertbericht vom Herrn Schachinger. Ein Kommentar, der deutlich als solcher gekennzeichnet ist. Ein objektiver Bericht über einen offenen Brief der Frauensprecherinnen der Grünen. Und eine Inhaltsangabe zu einem
Podcast.
Die Fantasie sich hier einen Boulevard und Meinungsmache reinzuinterpretieren ist schon bemerkenswert.
§ 5 StGB Vorsatz:
(1)Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
(3)Der Täter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiß hält.
Kurze Anschauung:
Du siehst, dass eine Person ein Rad stiehlt.
Diese Person sieht aus wie dein Feind, der Huber Franz. Aber ganz genau könntest du es nicht sagen, weil der Huber Franz einen Zwillingsbruder hat und dieser ist mehrfach wegen Fahrraddiebstahl vorbestraft. Du denkst dir, fein jetzt hab ich den Huber Franz erwischt, den mach ich jetzt das Leben schwer.
Alternative 1: Du gehst zur Polizei und zeigst den Huber Franz wegen dem Diebstahl an
Alternative 2: Du gehst zur Zeitung und sagst: Huber Franz hat das Fahrrad gestohlen.
in A1 könnte Huber Franz nichts tun, denn du bist dir zwar nicht sicher, ob es Huber Franz gewesen ist, du weißt es aber eben auch nicht. Damit ist das „wissentlich“ gemeint. Die Polizei wird ermitteln und wenn sie feststellt, das Rad wurde vom Zwillingsbruder vom Huber Franz gestohlen, dann wird das Verfahren gegen dem Huber Franz eingestellt und gut ist.
in A2 könnte Huber Franz dich wegen übler Nachrede anzeigen und dich zusätzlich am Zivilweg klagen. Das liegt daran, dass da ein bedingter Vorsatz reicht. Du hälst die Verwirklichung des Tatbilds (üble Nachrede) für ernstlich möglich und findest dich damit ab, dass du nicht ganz sicher weißt, ob es der Huber Franz war oder nicht.
Ok, dass heißt, alle Opfer die anonym gegenüber Journalisten ausgesagt haben, dass sie von Lindemann missbraucht wurden, könnten sofort wegen übler Rede angezeigt werden, wenn sie bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt hätten, oder?
Zwar würde dann diese Anzeige solange auf Eis liegen, bis die Staatsanwaltschaft mit ihrem Prozess durch ist, aber wenn dies dann negativ für das Opfer ausfällt, würden sie wegen übler Nachrede den nachfolgenden Prozess diesbezüglich verlieren.
die frage die ich mir stelle ist, warum ich anonym zur zeitung gehe, und nicht anonym eine anzeige mache.
Gegenfrage, wie weist du nach, dass Anzeigerin A auch die anonyme Quelle Q ist? Zumal die anonyme Quelle Q sogar durch das Aussageverweigerungsrecht der StPO geschützt wird.
Weil vermutlich auf den meisten Polizeidienststellen ihnen nicht geglaubt werden würde. Zumindest kann ich mir vorstellen, dass solche Gedankengänge dazu führen, dass sich Opfer dann lieber bei Zeitungen anonym melden, überhaupt wenn das schon jemand anderer gemacht hat.
Anhand der Aussagen könnte man die Verbindung ziehen. Zwar würde das im Ernstfall vor Gericht wohl nicht standhalten, aber um Druck aufs Opfer auszuüben reicht das allemal.
Vielleicht liegts aber auch daran, dass die Verurteilungsquote bei angezeigten Vergewaltigungen während der 2010er Jahre bei wenig mehr als 10% lag?
Dass nicht angezeigt wird (nur etwa 9% der Vergewaltigungen werden auch angezeigt), liegt vor allem an Schuld- und Schamgefühlen. Lest euch die Kommentare in den Medien durch… Selber schuld. Was haben sie sich gedacht, was backstage passiert?
Es gibt offensichtlich einen breiten Konsens darüber, dass Frauen gefälligst ständig aufzupassen hätten und sie sich schon bewusst in die missliche Lage gebracht hätten und nun das Opfer spielen würden. Das trägt eben dazu bei, dass man dann doch nicht zur Polizei geht.
Wenn jemand eine Anzeige macht, ist es uninteressant ob jemanden geglaubt wird oder nicht. Einer Anzeige muss nachgegangen werden, wie man auch genau in diesem Fall auch sieht. 3. haben von einer Tat berichtet. Was glaubst was sich die Polizei denkt, wenn jemand kommt und erzählt der Freund eines Freundes hat meinem Bruder erzählt… Da es aber zur Anzeige gebracht wurde, musste dem nachgegangen werden.
Somit ist Aufklärung ein großes Problem. Wie man auch hier im Forum sieht, wissen viele nicht wie das Rechtssystem funktioniert. Wenn ich glaube dass der reiche Lindemann mir mein hab und gut wegnehmen kann, dann überlege ich mir eine Anzeige. Das Problem ist aber natürlich, und kommt immer wieder so vor, der „Glaube“. Wie man so schön sagt… „Glauben heißt nicht wissen“, oder „Glauben tut man in der Kirche“.
Ich glaube (
), dass viele hier wissen wie das Rechtsystem (im groben) funktioniert und wenn man keine Aussicht auf Erfolg sieht, es lieber nicht zur Anzeige bringt.
[quote=„etwascremig, post:155, topic:3158“]
Vielleicht liegts aber auch daran, dass die Verurteilungsquote bei angezeigten Vergewaltigungen während der 2010er Jahre bei wenig mehr als 10% lag?[/quote]
Die Zahl sagt für sich gesehen eigentlich nix aus, weil bedeutet das, dass 100 Anzeigen wg. Vergewaltigung eingebracht werden und 90 nicht zu einer Verurteilung führen?
Oder bedeutet das, dass 100 Anzeigen wg. Vergewaltigung eingebracht werden, daraus aber 10 Urteile wg. Vergewaltigung, 40 Urteile wg. sexuellen Missbrauch und 50 nicht zu einer Verurteilung führen?
Die Anzeige muss ja nicht korrekt subsumiert sein, ist ja auch gut so, weil Sexualdelikte oft feine Grenzen haben und das dann auch für die StA und für den Richter einiges an Hirnschmalz erfordert. Bei der Verurteilung muss aber richtig subsumiert sein, weil sonst gleich wieder Probleme mit der nächsten Instanz.
Und auch, dass halt immer noch ein Großteil der Delikte im Familienkreis geschehen. .
Das ist mir schon klar. Oft ist auch der Täter gar nicht bekannt und es kommt schon allein deshalb nicht zur Verurteilung. Und es kann noch weitere Gründe geben. Das ist aber komplett irrelevant, weil das eine häufige Aussage ist, die Betroffene in ihrer Überlegung hingeschmissen bekommen.
Und genau hier gehört halt gescheit aufgeklärt. Bei Opfern, wie Exekutivbehörden. Was nicht sein darf, ist, dass man Opfern das Gefühl gibt, dass sie allein gelassen werden.
hier müssen eigentlich schon die eltern in der (unrecht-) bewusstseinsbildung mitwirken. ich kann mir vorstellen, wenn junge mädchen kein vertrauen in die eltern-instanz haben, werden sie später auch in der familie keinen stütze finden, wenn rechtliche schritte gesetzt werden müssen.
Ja, auf JEDER Ebene sollte bitte angesetzt werden.
Und besser wärs halt, wenn Männer nicht mehr übergriffig werden. Dass die ganzen Vorsichtsmaßnahmen, die Mädls und Frauen eingetrichtert werden, nix helfen, sieht man ja. Also bitte bei der Erziehung vor allem auch die Burschen in die Pflicht nehmen und ihnen beibringen, wie man sich anderen Menschen gegenüber normal verhält (und falls sie selbst mal Opfer werden, was dann zu tun ist). Damit sexuelle Übergriffe irgendwann mal gesamtgesellschaftlich so abstoßend auf Männer wirken wie heutzutage Kannibalismus.
Ich finde, das sind ganz gute 9 Minuten zu dem Thema.
Für mich ist auch der Unterschied noch mal hervorzuheben, dass die Einstellung des Verfahrens wegen Unschuldsvermutung nicht heißt, dass seine Unschuld bewiesen wurde.
Auch die darunter verlinkten Artikel finde ich ganz interessant.
Jede Person ist unschuldig, bis anderes bewiesen wurde. Niemand muss sich freibeweisen.
Vor dem Gesetz, ja.
Und dieser Fall aus der Buchbranche ist schon wieder ein paar Tage her, aber ist mir jetzt noch eingefallen: