Ich hatte da letztens eine interessante Diskussion zwischen meiner Schwester und ihrem Mann und meinem Neffen (Sohn meiner zweiten Schwester). Da kamen eindeutig zwei sehr verschiedene Generationen an: Die einen gehen klar auf die Pension zu, mein Neffe tritt gerade ins Arbeitsleben ein, ist ein fleißiger Mensch, aber auch ihm ist Work/Life-Balance wichtig, weil er sehr viele Projekte „nebenbei“ macht. War eine sehr erhellende Diskussion, aus der ich spannende Dinge mitgenommen habe. Zum Beispiel, dass die ältere Generation natürlich ihr ganzes Leben darauf gebaut hat, dass sie die Pension bekommen, die ihnen zusteht - und dass diese auch ausreicht, um ihr Leben fortzuführen. Wurde ihnen versprochen, wurde von der Politik nie in Frage gestellt. Hingegen hat die jüngere Generation das Gefühl, dass es für sie eh keine Pension mehr geben wird. Wozu also den Generationenvertrag erfüllen, wenn das System so eh nicht mehr funktioniert?
Und das ist was, was mich an der ganzen Diskussion so ärgert: Ich hab schon vor 25 Jahren in der Schule gelernt, dass unser Pensionssystem nicht halten kann und eine ziemlich große Reform braucht. Es ist zu teuer und stammt aus einer Zeit, in der man noch ein bisschen Zeit in Pension verbracht hat und wesentlich mehr arbeitende Menschen die Pensionisten erhalten konnten. Jetzt leben die Pensionisten (zum Glück!) immer länger, gleichzeitig gehen aber starken Geburtsjahrgänge in Pension und die Generation Pillenknick und später muss viel zu viele Leute erhalten. Dieses System hätte seit Jahren repariert werden müssen. Aber dafür braucht es - meiner Meinung nach - Politiker, die sich hinstellen und zugeben müssen, dass das System eine Reform braucht, und die bedeutet schmerzvolle Einschnitte, dafür gibt es dann wieder Perspektiven für alle. Nur: Wer das in einer Demokratie macht, verliert ziemlich sicher die nächste Wahl …
Nicht falsch verstehen: Unseren Pensionisten wurde versprochen, dass sie ihren Lebensstandard halten können und dass ihre Pensionen sicher seien. Dass man da jetzt drauf pocht, versteh ich - ist ja nicht so, als könnten gerade ältere Pensionisten noch wirklich was an ihrem Einkommensstandard ändern. Ich will keinem Mindestpensionisten, der es gerade mal so mit seinem Geld schafft, etwas wegnehmen. Ich seh das bei meiner eigenen Mutter, wie knapp das wird und wie manche Pensionen massiv an Wert verloren haben. Aber trotzdem ist es JETZT an der Zeit, sich zu überlegen, wie man den Jungen wieder das Gefühl gibt, dass es auch für sie zu einem gewissen Punkt eine Pension geben wird. Dass sie in der momentanen Situation lieber den Moment genießen (da kommen ja noch andere Aspekte rein, wie „ich will nicht wie mein Vater sein, der nie da war, weil sein 40-Stunden-Job in Wahrheit 60 Stunden hatte“ und „Bis ich in Pension gehe, ist die Erde eh kaputt“), versteh ich aber voll und ganz. Vor allem, wenn sie die Zeit nicht mit rumhängen nutzen, sondern mit Engagement in Hobbys und für Freunde/Familie. Das ist einfach auch wertvoll. Und da seh ich schon auch ein wenig eine Verpflichtung der ganzen Gesellschaft, hier Änderungen zu ermöglichen und nicht nur zu jammern, dass der Status Quo (der eben nicht mehr so funktioniert) gefälligst erhalten bleiben zu hat - „weil’s immer schon so war“.