Also vorweg (und für alle, die mich kennen, wohl nicht unerwartet) hab ich mich für die Story entschieden. Ich muss aber dazu sagen, dass die Antwort nicht ganz so binär ist, wie es vielleicht klingt: Es gibt eine Menge Spiele, die ich gern spiele, die keine Handlung per se haben und mich nur mit dem Gameplay durchziehen (nicht ganz zufällig sind die Serien mit den meisten Gameplaystunden in meinem Steam-Log Civilization und XCOM, von denen das zweite zwar stark auf emergent Storytelling sowie dann doch einen roten Faden setzt, aber trotzdem der Fokus ganz anders liegt). Oder auch bei Mario oder Tetris oder was auch immer: Die Story war nie wichtig, aber das Gameplay macht Spaß. Drum habe ich sie gespielt. Aber: Fehlt die Story, ist es für mich schwierig, Langzeitmotivation aufzubauen. Tetris spiel ich zwei Runden, dann ist es für mich langweilig, weil Highscores mich nicht wirklich motivieren - genauso wenig wie „ich will rausfinden, was hinter diesem Hügel ist“ - außer, wenn die Story mich dorthin zieht.
Im Endeffekt würde ich deshalb sagen: Wenn das Narrativ ein wichtiger Teil des Gameplays ist, dann ist die Story für mich meist der Hauptgrund, ob ich weiterspiele oder nicht. Oder noch direkter: Ich verzeihe mittelmäßiges Gameplay bei brillanter Story leichter als umgekehrt. Ich liebe Kingdom Hearts, aber ganz ehrlich - das Gameplay ist maximal mittelprächtig, während mich die Story einfach durchzieht. Final Fantasy würde ich vermutlich 10, 15 Stunden spielen, wenn mich die Story und die Charaktere nicht packen würden und nicht loslassen, bis die Story vorbei ist. Und gerade bei den Rollenspielen und Action-Adventures ist es bei mir ja wirklich offensichtlich: Final Fantasy, Xenogears, Persona und Co. fesseln mich 40 Stunden plus an den Fernseher, weil das Narrativ einfach gut ist, während Elder Scrolls mit seinem Gameplay-Fokus und „mach einfach mal“ mich nach kürzester Zeit verliert - ich hab selten Bezug zur Welt, zu den Figuren, zur Story aufbauen können. Oder (um ein nach wie vor heißes Eisen anzugreifen) auch Zelda: Die relativ storyfokussierten Titel wie ALttP, LA, Ocarina oder Majora ziehen mich weiter, weil ich wissen will, wo die Story hingeht. BotW hingegen hat mich da einfach nach dem Plateau fallen lassen und das Interesse war viel zu schnell weg.
Ganz generell tendiere ich aber auch einfach zu storylastigen Genres. Point’n’Click, noch immer eines meiner Lieblingsgenres war immer schon viel Story, heute auch die Visual Novels oder eben die klassischen japanischen Rollenspiele. Für mich ist es oft die Story, die ausschlaggebend ist, ob ich ein Spiel länger als ein paar Stunden spiele. Für mich ist dann oft auch die Story der Grund, Spiele nochmal zu spielen - das ist dann wie „ich lese das Buch nochmal“ oder „ich schau mir einen Film nochmal an“. Und - auch da eine Einschränkung - mir geht es oft um eine wirklich gut geschriebene Story und Charaktere. Für mich sind Spiele da oft genauso ein Storytelling-Medium wie Bücher, Filme oder Serien. „Mach dir deine eigene Story“ geht für mich selten so gut auf, wie stark inszeniert und geschriebene Geschichte, die jemand durchgeplant hat.
Und ja, Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber im Normalfall würde ich doch sagen, bei mir ganz persönlich kann Story auf längere Sicht mittelprächtiges Gameplay übertünchen, während es andersrum nicht immer so gelingt. Und ohne Story muss das Gameplay schon richtig, richtig brillant sein, dass es mich langfristig fesseln kann.