Poor Things

Ich habe den Film gestern auf Disney+ gesehen und noch etwas wirken lassen. Im Disney+ Topic hab ich eh auch schon bissl drüber geschrieben, was ich über den Film bisher gehört habe.

Nachdem ich ihn gesehen habe, muss ich sagen: Ich kann sowohl verstehen, warum ihn manche Leute als feministisch bezeichnen, als auch, warum einige Leute das nicht so sehen.

Persönlich fand ich den Film optisch sehr opulent. Da hat man sich bei den Ideen zu Kostümen und der Kulisse schon viel Mühe gegeben. Musik und Kameraspiele waren mir oft etwas zu viel. Aber ist halt ein Stilmittel, um eine schaurig-eigenartige Welt ähnlich den Guillermo del Toro oder Tim Burton Welten zu erschaffen.

Richtig, richtig, richtig gut ist Emma Stone in diesem Film! Wahnsinn, was die für eine Performance hinlegt. Sie hat den Oscar wirklich verdient! :astonished:

Was die Feminismus-Frage angeht:
Schrecklich fand ich, dass im Film sehr oft Bellas nackter normschöner Körper in Szene gesetzt wird. Während die nackten Männer übrigens alle keine Schönheiten sind. Das ist in meinen Augen nicht feministisch, sondern dient den männlichen Zusehern. Genauso wie die Sexszenen, die ich leider echt voll störend fand. Ich hab wirklich nix gegen Sex in Filmen. Aber ich hab Sexszenen, in denen reine Penis-Vagina-Penetration als für die Frau wahnsinnig befriedigender Sex dargestellt wird, so satt! :yawning_face: :roll_eyes: Das ist Männerpornosex. Das ist in meinen Augen leider echt nicht feministisch. Das hat Bridgerton schon viel besser gemacht.
Und in Kombination damit, dass Bellas sexuelle Erlebnisse alle erst mal auf einer Basis von ungleichen Machtverhältnissen starten, ihre Sexualität aber als ihr emanzipatorisches Tool dargestellt wird, finde ich das wirklich sehr bedenklich. Vor allem stehen diese ganzen Typen alle nur auf ihren Körper, und ihnen ist egal, dass sie innerlich ein Kind ist. :face_vomiting:
Sie prostituiert sich auch nicht ganz aus freien Stücken, sondern braucht halt Geld und hat nur noch ihren Körper zu verkaufen. Und das Leben als Prostituierte wird auch recht romantisiert dargestellt.
Also diesen ganzen Part finde ich eher problematisch.
Zwei weitere Kritikpunkte hinsichtlich feministischer Botschaft sind von mir, dass Bella durchgehend sehr dem Vorbild ihres männlichen „Schöpfer“ nacheifert und am Ende ja dann auch seinen Beruf annimmt. Sich also von ihm null emanzipiert, sondern genau das lebt, was er sich vorgestellt hat. Und dass im Film Emotionen weniger zählen als rationales Denken. Bellas Erfolg basiert auf ihrer direkten und logischen Art. Sie sagt einmal auch, dass sie nicht so den Mutterinstinkt hat. Sie kleidet sich als „Erwachsene“ dann auch schwarz statt bunt. Also sie hat Erfolg, weil sie männlich konnotiertes Verhalten zeigt. Der emotionalste Charakter im Film, der Jurist, ist der Clown, bissi auch Bösewicht, der Verrückte. Und Bella sagt ihm auch, dass sie ihn nicht mehr mag, wenn er zeigt, dass er traurig ist, etc. Also das Emotionale, das eher Frauen zugeschrieben wird, wird im Film auch noch runtergemacht. Auch hinsichtlich dessen, dass echt viele Männer darunter leiden, dass sie nie gelernt haben, ihre Emotionen zeigen und regulieren zu können, finde ich das echt traurig.

Was der Film in meinen Augen gut macht, ist die verschiedenen Variationen toxischer Männlichkeit darzustellen bzw problematischer Beziehungstypen. Die fünf Männer, mit denen Bella es zu tun hat, decken das wirklich gut ab. Nicht gänzlich (es gibt z.B. keinen hypermaskulinen Typen) aber doch ganz gut.
Und es gibt auch einige sehr spannende Dialoge. Generell fand ich als Frau den mittleren Part, in dem es keinen Sex gibt, inhaltlich am interessantesten. Die Gespräche zwischen Bella und dem Juristen ab dem Moment, wo sie allein unterwegs ist und am Schiff fand ich wirklich gut! Manche haben relevante Genderprobleme so gut auf den Punkt gebracht, dass ich lachen musste.
Was mir ebenfalls gefallen hat, ist die Thematisierung der sexuellen Exklusivität und Unversehrtheit der Frau. Und die Infragestellung von Monogamie.

Also wie oben schon beschrieben. Ich finde der Film hat Teile, die man als feministisch interpretieren kann, und welche bei denen leider das Gegenteil der Fall ist. Es ist ein stranges Märchen, das mit einigen Genderaspekten arbeitet. Was er in meinen Augen nicht ist: Ein Film, der Frauen als Frauen wertschätzt und bestärkt.

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Puh - danke für deine Eindrücke! Da schwirren mir gleich eine ganze Menge an Gedanken durch den Kopf die ich sehr gerne mit dir teilen möchte. In einigen Punkten bin ich bei dir, bei vielen aber so ganz und gar nicht. Oft aber nicht aus dem Grund weil ich komplett gegen deine Meinung /deine Eindrücke argumentieren würde, sondern eher weil ich vom Ansatz her bei dir bin, daraus jedoch gänzlich andere Schlüsse ziehe.
Ich hoffe am Wochenende ein wenig Zeit zu finden und meine Meinung zu diesem Film mit dir bzw. dem gesamten Forum zu teilen. Für mich ist das mit das Beste was ich in den letzten Jahren gesehen habe und daher fühle ich mich emotional stark damit verbunden.

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Ich hab den Film gestern auch gesehen, nichtsahnend worauf ich dabei einlasse. Als er zu Ende war, dachte ich mir nur, hätte ich mir doch lieber was anderes angesehen… (ohne die schauspielerische Leistung von Emma Stone hier runter machen zu wollen!)

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Haha, super, dann haben wir ja jetzt schon ganz unterschiedliche Meinungen hier versammelt. Sehr gut. :smiley:

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Ich bin einfach baff gewesen was für ein wtf Moment nach dem anderen in Poor Things abgefeuert wird.

Ich find das Ende einfach phantastisch.
Hab Poor Things natürlich auf Blu-ray gekauft.

Einen 4K Release gab es leider nicht aber das hat bis jetzt keiner der Yorgos Lanthimos Filme glaub ich.

Nächster Hit wird von ihm wahrscheinlich
Kinds of Kindness 21.06. US Kino Start.

Emma Stone, William Defoe, Margarete Qually wenn ich jetzt alle ca. auswendig weiß wie sie geschrieben werden.

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