Muss man sich als Videospieler schämen?

Liebe Leute, bei den Kollegen im Maniac Forum gibt es gerade ein Topic unter dem Titel: "Ich musste mich mein halbes Leben fürs Gaming schämen "!

Darin wird diskutiert und erzählt ob man sich für das Videospiel Hobby schämen muss oder schon einem geschämt hat. Aufmerksam gemacht hat mich darauf Thomas Mahler (Ori and the Blind Forest) der in dem Topic auch seine ganz persönliche Geschichte erzählt hat. Da ich denke das es hier auch vielen ähnlich geht habe ich Thomas gebeten diese Geschichte auch hier posten zu können.

Vielleicht möchte ja auch bei uns der eine oder andere seine Erfahrungen mit Eltern und Freunden hier teilen.

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Lass dich nie beschämen! Hier mal meine Geschichte:

Ist glaube ich aber auch arg eine ‚deutsche‘ Sache (AUT und GER so wie ich’s sehe). Mir wurde in der Kindheit auch immer gesagt, dass ich mein Leben mit diesem ‚Computerbloedsinn‘ verschwende und waehrend meine Brueder draussen saufen und mit girls rumhaengen waren hab ich Photoshop und 3d Programme gelernt, etc. - und natuerlich auch haufenweise gezockt. Ich fand girls auch gut, aber mir war klar, dass wir gerade ne digitale Renaissance erleben und da dabei zu sein war wichtiger als Teenage Drama.

Fuer meine Family war das, was ich gemacht habe aber stets laecherlicher Bloedsinn - Kann mich noch gut an ne Pruegelei mit einem meiner Brueder erinnern, als er besoffen nach Hause kam waehrend ich noch mit 3ds Max rumgedoktort habe und der Penner einfach mal meinen PC abgeschalten hat, weil er halt jetzt schlafen wollte und ich natuerlich Ruecksicht nehmen sollte. War einfach scheisse, es wurde bei uns als normaler angesehen als Teen saufen zu gehen und mit girls rumzuknutschen als vorm Computer zu hocken und produktiv zu sein. Das erstere war halt ‚normal‘, waehrend das Zweitere einfach nur Zeitverschwendung war.

Sogar als mir dann klar war, dass ich mein Hobby zum Beruf machen will und ich erstmal in die Kunstschule wollte wurde ich wieder klein gemacht, da das ganze sowieso ne ‚brotlose Kunst‘ ist, sollte lieber was ‚gescheites‘ lernen. Zum Glueck hab ich mich aber durchgesetzt… hatte genug Selbstbewusstsein, um einfach mein Ding zu machen und meiner Mom und meinen Bruedern zu sagen, dass das mein Weg ist und ich selbst entscheide, was ich mit meinem Leben anfange. Fuer mich war das halt einfach Games zocken und versuchen in der Games Branche Fuss zu fassen.

Waehrend meine zwei Brueder dann also in der Bank und als Steuerpruefer ihr Ding gemacht haben war ich in der Kunstschule und wurde als der Aussenseiter gesehen, aus dem eh nie was wird.

Geaendert hat sich das alles erst, als mein Portfolio dann endlich so gut war, dass ich mit einem meiner Brueder am Kuechentisch sass und am selben Nachmittag Disney und Blizzard angerufen haben, um zu fragen, ob ich nicht nach Kalifornien ziehen will um dort zu arbeiten. Da fielen dann die Kinnladen zu Boden und ich hab kurzerhand mein Zeug gepackt und bin rueber. Beim Warten auf’s O-1 Visum hab ich mir dann noch C# beigebracht und hab begonnen erste Spiele zu programmieren. Und natuerlich wurden diese ersten Prototypen auch wieder belaechelt, da ich halt kein ‚God of War‘, sondern simple 2d Spiele programmiert habe…

In Kalifornien hat’s mich dann gepackt, wie anders die Einstellung zu allem war. Bin das erste Wochenende ganz stolz mit meinem ‚Starcraft II Development Team‘ T-Shirt durch Irvine zum Lebensmittel Einkaufen spaziert und statt Unkenrufen und Fingerzeig („Was fuer ein Nerd!“) gab’s Zustimmung. Der Kassierer an der Kasse hat sich’s nicht nehmen lassen mir zu sagen, wieviel ihm Starcraft bedeutet hat, ueberall wurde man wegen World of Warcraft angelabert, etc. Binnen einem Jahr wurde ich vom uncoolen Nerd zu jemandem, der Gleichgesinnten Autogramme gibt. Game Developer zu sein war hier ‚cool‘ und nicht wie in Oesterreich und Deutschland ein ‚nerdiger Zeitvertreib fuer ewige Jungfrauen‘.

Dann begann das ganze Indie Ding und ich bin zurueck nach Wien gezogen, um mich endlich selbststaendig zu machen. Wien, weil man dort halt 400 EUR Miete fuer ne anstaendige Wohnung gezahlt hat anstatt 3.000 USD fuer ein ziemliches Loch.

Seither ist mein Leben ziemlich verschwommen, da ich mich meist in meine Arbeit versenke. Hab dann schlussendlich auch meine jetzige Frau kennen gelernt, mit der ich jetzt auch ein Kind habe und die verstand meine Leidenschaft und hat’s nicht belaechelt. Fuer meine Frau war ich ein Rockstar, fuer meine Familie war ich der nerdige Aussenseiter, der einfach nicht ins Bild gepasst hat.

Jetzt leite ich Moon Studios seit ueber 10 Jahren, haben zwei Hits veroeffentlicht und finanziell bin ich weit besser ausgestiegen als meine zwei Brueder. Ori and the Blind Forest war im Optimalfall mit 800.000 Copies LTS projected und hat im Endeffekt ueber 5m copies abgesetzt. Da hat’s dann schlussendlich auch bei meiner Familie Klick gemacht, da der „Nerd in seiner Wichshoele“ ploetzlich Millionaer war. Seither sind Familientreffen immer ein bisschen komisch. Anstatt als nerdiger Aussenseiter da zu stehen werd ich ploetzlich verehrt, obwohl sich an mir bis auf meinem Bankkonto nix geaendert hat. Das Geld hat den Ausschlag gemacht, nicht die Arbeit an sich… meine Kritik an den Kapitalismus lass ich mal aussen vor.

Als ich 10 war ist mein Vater an Lungenkrebs gestorben. Am Sterbebett hat er mir damals gesagt, dass ich einfach mein Ding machen soll und mir in seiner typisch wienerischen Art erklaert, dass ich mich einfach an sein Motto erinnern soll. Sein Motto war: „Wer mich nicht mag ist deppert.“ - Klingt simpel, hat mir aber immer dabei geholfen auf mich selbst zu hoeren und die Spoetter einfach auszublenden, selbst, wenn’s die eigene Familie ist.

Das geb ich jetzt einfach mal weiter. Es wird immer Leute geben, die spotten, die andere Leute wegen diesem oder jenem runtermachen nur um sich selbst besser zu fuehlen. Fuck em all. Wichtig ist, dass du auf dich hoerst, rausfindest, was dich gluecklich macht und dann einfach dein Ding durchziehst. Wenn dich Spiele gluecklich machen, spiel! Und denk an’s Motto, wer dich nicht mag ist deppert, also such dir Freunde, die dich so akzeptieren wie du bist :slight_smile:

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Schämen? Nope - klar früher gabs mal das eine oder andere blöde Kommentar von Freunden oder in der Schule, aber die waren selbst ja auch „nicht besser“. Geschämt habe ich mich nie dafür - bei einem Vorstellungsgespräche habe ich solche Dinge auch erst später erzählt.

Gibt nix für was man sich schämen muss und wenn ich am Freitag beim ARBÖ wieder auf mein Auto warte, werde ich (sollte ich direkt von der Arbeit hinfahren) in Hemd, Anzughose und schönen Schuhen dort sitzen und meine Switch mit haben und Metroid daddeln!

So muss das sein! :slight_smile:

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Vielen Dank für das Topic.

ich bin eigentlich bis zum Tag, an dem ich ausgezogen bin (mit 19 Jahren) nicht nur von meinen Verwandten wegen meiner Videospiele verspottet worden, sondern regelrecht fertig gemacht (vor allem von meinem Vater) worden.

Und natürlich gab es da auch den einen oder anderen Moment wo man sich gedacht ob man nicht doch lieber für höhere Kultur interessieren sollte als Erwachsener. Aber was soll ich den machen, ich bin ein Nerd und werd wohl auch bleiben!

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Also ich musste mich zum Glück noch nie schämen oder gar rechtfertigen für meine Hobbies… alle meine Freunde und Kollegen die es wissen, finden Gaming als ganz normales Hobby, die,die es nicht wissen, sind Leute mit denen ich sowieso nichts reden mag…

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In aller Kürze: Nein.
Etwas länger: Es ist mir Blunzn, was andere von mir denken.

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Spannendes Thema, jedoch hab ich auf die Initialfrage eine schnelle Antwort: Nein!

Ich war immer Spieler, hatte Freunde die auch spielten und andere nicht. Manchen mochten das, manche nicht. Ich geb aber in solchen Themen einen scheiss drauf was andere von mir halten. Wenn sie glauben mich belehren zu müssen werden sie schon bald merken, warum das ein Fehler ist. Glück gehabt, ich hatte immer schon ein (zu) grosses Selbstbewusstsein.

Viel wichtiger an dem Topic ist mir aber folgendes:

Das ist ein gutes Motto, wenn es für ihn gepasst hat super. Ich für mich muss echt nicht von allen gemocht werden, nichts liegt mir ferner. Die Leute müssen nicht alles gutheißen was ich mag/mach, müssen mich nicht verstehen, müssen meine Hobbys nicht mögen oder für sinnvoll erachten. Das entscheid ich schon sehr lang selbst was gut für mich ist und ich bin damit sehr gut gefahren.

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Wow, voll arge Geschichte! :astonished:
Sowas musste ich zum Glück nicht erleben, im Gegenteil. Meine Familie war Videospielen und Computern gegenüber sehr aufgeschlossen (in ihrem Umfeld gabs auch PC-Nerds der ersten Stunde und mindestens zwei begeisterte Gamer:innen). Und im Schulumfeld war man eher grad deshalb beliebt, weil man ne Konsole daheim oder Pokémon mit in der Schule hatte (meine Freund:innen haben das auch alle cool gefunden).
Aber bin halt auch A. weiblich und B. wohl auch etwas später geboren (Ende der 80er). Also zu meiner Zeit waren Videospiele schon ziemlich normal, spätestens ab der Oberstufe brauchte man einen Computer für die Schule, und ich glaub als Mädl war Videospielen eher ein Pluspunkt oder wurde einfach gar nicht thematisiert.
Manga und Anime waren eher das Problem. Die galten lange als uncool im Schulumfeld und bei den Erwachsenen teilweise als bedenklich, aber ich hab sie trotzdem verschlungen.
Allerdings zeigt die Populärkultur ja doch auch immer noch, dass es beschämende Klischees gibt, wenns um Gamer geht.

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Echt arge Geschichte, find ich immer strange zu hören, dass die eigene Familie kein Verständnis hat. Sowas macht mich immer nachdenklich und dankbar, dass meine Familie da nicht so ist/war.

Gut, dass du dein Ding durchgezogen hast… Viele knicken da aber dann leider wegen dem großen Druck ein und wollen dann doch wieder so sein, wie einem die anderen haben wollen

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Kurz: Nein.

Wüsste auch nicht weswegen man sich da jetzt schämen sollte. Es gibt so viele Hobbys wo nicht jeder was damit anfangen kann, aber insbesondere Videospiele sind doch schon längst aus dem „Nerd-Lager“ entwachsen. Das ist meiner Meinung nach eher ein Kulturgut :wink:

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Ich denke dass ist so ein Generationen Ding. Ich war schon an der Kippe wo immer mehr damals Erwachsene begriffen haben das man mit Computern auch was anständiges machen kann und daher hatte ich da Gott sei dank nie Probleme.

Ja, ging mir ähnlich. Mein Stiefvater war verhältnismässig jung und hat selbst gezockt (F1, Tennis, Pro Evo), meine Mutter gefiel es als ich ich mich dann journalistisch betätigt habe in dem Bereich. Wurde bei mir aber im Großen und Ganzen einfach als ein Hobby angesehen. Im Freundeskreis war das auch kein großes Thema, da gabs dann einfach die Leute die mehr und die Leute die weniger gezockt haben.

Da wurde in der Familie witzigerweise fast mehr meine Vorliebe für Animationsserien wie Simpsons, South Park oder Futurama belächelt und als Kinderserien abgetan :smiley:

Ich persönlich lebe nach dem Motto: für sein Hobby (egal was) muss man sich weder schämen noch rechtfertigen. Wer das nicht verstanden hat ist was man umgangsprachlich als Dodl bezeichnet.

Wenn ich mir die Posts so durchlese merke ich wieder wie viel Glück ich mit meinen Eltern hatte. Die sind und waren immer für alles offen und haben uns Kinder machen lassen - so lange halt die Schulnoten nicht darunter leiden ^^

In der Kind und Schulzeit war Schämen da soweiso kein Thema - da wollte ja eigentlich jeder eine Konsole haben (bin 83er Jahrgang). Haben da teilweise sogar die Schule geschwänzt um statt Turnen oder Religion eine Runde Mario kart zu zocken - meine Mutter hat mir da sogar ein paar mal ne Entschuldigung geschrieben :smiley:

Ich muss aber gestehen, dass ich 2 jahre betteln musste bis ich endlich einen Game Boy (und damit hat dann bei mir alles angefangen) bekommen hab. Da war mein Vater etwas skeptisch - hat dann aber selber Super Mario Land gesüchtelt ^^

Muss aber zugeben, dass ich meine Einstellung zu Videospielen unlängst erst für mich behalten habe:
Geschäftsessen mit den Chefs und einem Firmenpartner - und da haben die beiden Chefs gegen Videospiele zu wettern angefangen. Da die Charaktere sehr speziell sind und ich auch keine hitzige Diskussion starten wollte, bei der ich auf die eine oder andere Art nur verlieren kann, hab ich das getan was oft das gscheiteste ist: Hände falten Goschen halten.

Dh aber nicht, dass ich mich sonst, wenn jemand mein Hobby verunglimpft die Füsse still halte. Aber es gibt eben Situationen wo es für einen besser ist sich seinen Teil zu denken.

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Also für’s gamen selbst musste ich mich nie schämen oder hab es nie getan. Für so manches Spiel, dass dann gespielt wurde dann vielleicht schon :slight_smile: (aber auch da eigentlich nein).

Grundsätzlich sollte man sich für gar nix schämen müssen, außer man ist ein blöder Beidl.

In meiner Realität hab ich sowas auch nicht erlebt, dass jemand für‘s Videospielen belächelt worden wäre. Als Kind der 80er waren Videospiele Zeit meines Lebens cool.

Es kommt dennoch drauf an, wie exzessiv man es betreibt. Denn was schon auch stimmt: produktiv ist Zocken nicht. Am Ende hat man Eskapismus betrieben, hat sich evtl entspannt oder bestenfalls eine gute Story erlebt. Geschaffen hat man gar nix.

Da beißt sich mMn auch der Topic-Titel mit dem ausschlaggebenden Text. Der Verfasser war ja produktiv, hat programmiert und erschaffen. Unwahrscheinlich, dass der Erfolg eingesetzt hätte, hätte er täglich 10 Stunden bloß gedaddelt.

Insofern kann ich auch niemanden fürs Spielen feiern. Ich find‘s okay, betreibe es ja auch selbst sehr gern.
Bei meinen Kindern achte ich dennoch darauf, dass da nicht mehrere Stunden täglich in Videospielen versenkt werden. Betätigen sich die Kids dagegen kreativ und produktiv, sähe ich kein Problem darin den Fluss nicht auch mehrere Stunden am Tag fließen zu lassen.

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schämen musste ich mich für das hobby eigtl nicht.
ich musste meinen eltern länger zureden, bis ich endlich einen game gear haben durfte, weil „vom spielen wird man ja dumm“, aber das vorurteil war dann schnell passé.

einmal war es bisserl awkward: weihnachten 2001; ich hab mir von meinen verwandten die us-version von „return to castle wolfenstein“ gewünscht, weil uncut und so. wortmeldung bei der bescherung von meinem onkel (sinngem): „das unterstütz er nicht“ (so quasi: hier hast, aber ich distanziere mich).
… najo. wir mussten uns bei einem anderen familientreffen auch rechtfertigen, als ich mit meinen cousins gta3 spielte auf der ps2, dass die gezeigte gewalt nur im spiel ist und nicht unser tatsächliches gemüht reflektiert.

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Nun, dann geniert man sich ja prinzipiell für nix…

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Schämen muss man sich sicher nicht fürs Zocken. Und ja Spielen ist nicht produktiv, auch wenn es Studien gibt die dem zocken in verschiedensten Weisen positive Folgeerscheinungen belegen.
Aber, jemand der den ganzen tag nur vor der Kiste sitzt mag vielleicht für die Gesellschaft nichts produktives vorzuweisen haben.
Doch ist es mir im Ernstfall lieber dieser Mensch sitzt daheim und spielt, bevor er Kriminell wird.
Und genau genommen gehts eh keinen was an, was man mit seinen 24 Stunden anstellt.

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So ist es. Ich finde zudem ein Hobby muss nicht produktiv sein. Ein Hobby ist ein Hobby und dient dem Zeitvertreib und soll einem selbst Freude und Ausgleich bringen.
Ist es zudem produktiv, umso besser. Ist aber imo ein „nice to have“.

Jemand der gern Bücher liest ist auch nicht produktiv.

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WORD WORD WORD!!!
Bin denn produktiv, wenn ich Klemmsteinmodelle baue?
Wenn ich Pflanzen hege?
Wenn ich Bogenschieße?
Und die Gesellschaft ist mir sowas von Blunzen.