Bundesheer, Zivildienst, untauglich

Ein Bundesheer Thread muss her. Seids ihr für die Wehrpflicht oder nicht? Was habt ihr damals so erlebt. War es eine guter Erfahrung oder eine Zeit, die man sich hätte sparen können?

Meine Geschichte:

Ich war ET 07/07 und bin zwei Wochen nach meiner Matura eingerückt. Maturareise war in Berlin mit meinem besten Freund, mit dem ich dann auch die sechs Monate in der Kaserne Horn verbracht habe.

Am ersten Tag habe ich zwei Dinge gelernt. Die SV-Nummer ist wichtig und die Dummheit des Menschen ist faszinierend bis zum geht nicht mehr. Später habe ich dann von einem Unteroffizier erfahren, dass wir einer der AV-reichsten ETs in Horn ever waren, in meiner Gruppe gabs nur zwei ohne einen Tag AV, das war mein bester Freund und ich. Die anderen waren frech, kleinkriminell und schwere Alkoholiker. Ein Kamerad hatte nichts besseres zutun, als unseren Gruppenführer zu beschimpfen, AV für ihn, 3er KAZ Marsch 3x ums Kasernengelände für uns. Ein anderer hat von uns gestohlen und einer hatte seine „kleinen Feiglinge“ im Spind versteckt, hat genau zwei Minuten in der Spindkontrolle gedauert, dass er beim Leutnant gestanden ist, der nebenbei ein richtiges Aas war.

Nach drei Wochen gabs für alle, die noch keinen Besuch beim Sani hatten, ein freies Wochenende. Da ich zu dem Zeitpunkt halt 10 kg Untergewicht hatte und daher, neben einer verordneten Extraportion bei Mittag- und Abendessen auch wöchtentliche Wiegeeinheiten hatte, bin ich natürlich auch samstags putzen gewesen. Bin da am Montag auf der Matte beim Leutnant gestanden, wegen Krankheit zu strafen geht einfach nicht. Hatte zwar keine große Auswirkung, bin dann aber zum Soldatensprecher gewählt worden, weil ich damals ganz gut mit den Obrigkeiten reden konnte, ohne dass danach große Repressalien für jeden zu befürchten waren.

Beim ersten Schießen mit K-Munition bekam ich ein Knalltrauma, DGR für sechs Wochen waren die Folge. Das war die Nerdpartie. Wir hatten alle einen DS sobald uns der Spieß „frei“ gab, sprich Studium im Soldaten im Zimmer gabs geniale Mario Kart Runden. Außerdem sind wir oft nach der Arbeit im Soldheim gesessen, haben gezockt und sind dann in die wenigen Bars in Horn um richtig ordentlich zu feiern.

Ein Kamerad hat mich erneut zu WoW gebracht, wo wir auch nach dem BH noch einige Zeit in der gleichen Gilde verbrachten.

Nach dem Ende der BA1 bin ich dann in die Funktion in die Werkstatt gekommen, in erster Linie hieß das über den Tag hinweg Bubble Bobble gegen einen lässigen Stabswachtmeister und Schnapsen mit den übrigen Personal. War sehr fein, auch wenn der Stabswachtmeister ein bissl beleidigt war, dass ich nach drei Tagen seinen Rekord hatte.

Meine alte Gruppe war in der Zwischenzeit Feinddarsteller in Kaisersteinbruch und dann am Asse, ich hatte es da deutlich besser, auch wenn es dann hieß: „Wachausbildung machen, wir haben nicht genug Personal.“ und dann ein paar Samsons. Was aber auch in Ordnung war, außer das eine Mal, als ich als Beifahrer im 30-Tonner eingeteilt wurde, nach Ried und Großmittel mitgefahren bin, dann um 10 Uhr abends in die Kaserne gekommen bin und anstatt ins Bett durfte ich für einen 24h Dienst direkt ins Wachhäusel.

Das waren psychisch recht fordernde Zeiten, weil konstanter Schlafmangel, immer im Dunkeln gelassen, wie der nächste Tag ablaufen wird, aber da die Kameraden, die nicht zum Asse fuhren recht lässig waren, hatten wir unseren Spaß.

Und dann kam schon wieder das abrüsten, Gott war ich froh, dass es vorbei ist. Danach hab ich zwei Monate gebraucht um wieder meinen normalen Schlafrhythmus zu bekommen und bin direkt ins Studium gegangen, was mit eine der besten Zeiten meines bisherigen Lebens war.

Ich fand’s gar ned so schlimm, zumindest nicht so wie es mir im Vorfeld zugetragen wurde. Ich hatte auch echt Glück mit dem Standort, ich war Sanitäter in Stammersdorf. Ich bekam schon in der Grundausbildung den Heimschläfer und hatte mehr Freizeit als im Job.

Zuerst wollte man mich in die Küche stecken (weil ich das gelernt hab) auf meine Bitte das nicht zu tun, kam ich in die Bekleidungskammer, und hatte da echt eine gute Zeit.

Ja klar, das Salutieren, Marschieren und dieses ganze Militärische Gehabe ist schon sehr befremdlich, ich musste da oft lachen. :laughing:

Nein, insgesamt war’s eine Erfahrung, gar keine so schlechte, der Zusammenhalt war auch sehr toll.

Ich hab damals im Jahr 2000 (boah ist das lang her) den Zivildienst begonnen. Ausbildung als Sani und dann Krankentransporte gefahren. Hab noch schöne Momente a die Zeit, auch wenn es mir damals nicht immer sinnvoll vorgekommen ist. Aber allgemein ein Jahr das ich nicht missen möchte und dass mir definitiv auch persönlich einen Mehrwert gebracht hat.

1 „Gefällt mir“

Bin Deutscher (in AT) und da ich die meiste Zeit, besonders dann im Wehrdienstzeitalter, nur im Ausland war, wurde ich nicht eingezogen :slight_smile:

Zivildienst beim Roten Kreuz in der Blutspendezentrale ca. 2006.

Da ich zu der Zeit ausgezogen bin hab ich zusätzlich am Wochenende in einer Bar gearbeitet.

Ich muss zugeben ich war ziemlich oft im Krankenstand, durch die Nachtarbeit war ich ziemlich ausgebrannt und hatte echt 0 Bock auf schlecht bezahlten Zwangsjob.

Die anderen Zivis waren ziemlich lässig, wir hatten alle die Xbox 360 geflashed und spiele getauscht, auf meiner umgebauten PSP haben wir irgendwelche Snes Brawler im Coop gespielt.

Ich hoffe der Wehrdienst wird abgeschafft oder die Damen „dürfen“ auch mal. Im Sinne der Gleichberechtigung wäre das lange überfällig.

Ich persönlich finde ein soziales Jahr oder eben auch Bundesheer keine blöde Sache. Was ich halt nicht gut finde, ist die Bezahlung. Ich weiß nicht wie es jetzt der Fall ist, aber ich nehme an, dass sich da nicht sonderlich viel geändert hat. Faire Bezahlung gehört überall hin.

Wow, ich hatte noch nie einen Thread, wo ich echt dachte, den muss ich muten, damit ich ihn nie wieder sehe. Nicht, weil er schlecht wäre, sondern weil die Trigger-Gefahr für mich extrem hoch ist. Denn ja: Für mich war die Zivildienstzeit eine echte Katastrophe, die mich heute noch belastet - und nach der ich nicht verstehe, wie man auch nur irgendwie fordern kann, Tauglichkeitsgrenzen zu senken oder überhaupt noch für so einen Dienst zu sein, wenn er zu sowas führen kann.

Allein die Existenz des Threads hat mich gestern schon getriggert, ich hab mich dann aber doch entschlossen, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern. Nur „dagegen“ sein bringt nichts - man muss auch ein wenig sagen können, warum. Auch wenn mich das belastet - ich traue der Community einfach zu, hier so offen sein zu können und man darauf Rücksicht nimmt, dass das ganze Thema für mich 25 Jahre später noch immer höchst belastend ist.

Ich bin ein halbes Jahr nach der Matura, im Februar 2000 zum Zivildienst eingerückt. Davor durfte ich ein halbes Jahr das machen, auf das ich mich echt gefreut habe: Endlich auf die Uni gehen. Ich hab das Leben dort genossen, die Freiheit, das Leben in Wien. Neue Bekanntschaften, die ich dort schließen konnte. Und ich war und bin jemand, der sich gern mit neuen Sachen beschäftigt, etwas lernt. Da wollte ich sein.

Wo ich nicht sein wollte: Im Zivildienst. Ich bin/war kein unsozialer Mensch, hab in meiner Schulzeit unter anderem in der Pfarrjugend und auch da schon im Theater in leitenden Funktionen Verantwortung übernommen. Für den Zivildienst war das leider keine Option (und Bundesheer war für mich aus zwei Gründen keine Option: Ich lehne Waffen ab und ich wollte als jemand, der zum kritischen Denken erzogen wurde, nicht in eine Situation kommen, wo mir jemand sagen darf „du machst das jetzt, weil ich es sage“, und ich nichts dagegen sagen kann. Mag ein Klischee sein, aber das ist halt mein Bild davon gewesen). Also Zivildienst. Ich wollte vom Gefühl her zur Rettung, mein Vater hat mir dann einen Posten in einer Reha in der Nähe organsiert, wo meine Tante gearbeitet hat. Überlegung: Da geht’s um Menschen, die gesund werden, weniger Notfälle, ein fixeres Team. Nachteil, wie sich rasch herausgestellt hat: Ich war der einzige Zivildiener dort.

Der Job war eigentlich ganz okay - ich hab die Leute in der Station betreut, zu diversen Diagnoseräumen, Ärzten begleitet, etc. Die Leute meist recht nett und dankbar. Trotzdem war mir nach kürzester Zeit klar: Das ist echt nichts für mich. Ich hab mich einfach unnötig gefühlt, als würde man alles, worin ich gut bin, ignorieren (ich hab Informatik studiert und war vorher im Informatik-Gymasium und durfte vom IT-Team aus („ich habe einen zweiwöchigen Kurs als Qualifikation!“) die Rechner nichtmal angreifen, obwohl ich bald den Ruf hatte, dass ich besser und schneller als die die Probleme lösen konnte), stattdessen musste ich mich zwischenmenschlich beweisen, was zugegebenermaßen nicht meine Stärke ist. Auch zum Team fand ich nicht so recht Zugang. Die waren alle freiwillig da und hatten sich für ihren Beruf entschieden, ich war als einziger gezwungen, hier zu sein. Ganz deutlich wurde das, als dann doch Leute gestorben sind - einmal sogar unmittelbar jemand, den ich zwei Stunden vorher noch aufs Zimmer bringen durfte, womit ich vermutlich der letzte war, der sie lebend gesehen hat. Alle machten irgendwie weiter und kamen damit klar. Ich hatte das Gefühl, ich brech zusammen, weil ich das nicht verarbeiten konnte. Und es gab halt niemanden, der auch in meiner Situation steckte.

Das Resultat: Ich war schon vorher nicht der psychisch gesündeste Jugendliche (was bei der Musterung sogar aufgefallen ist, aber irgendwie wurde da trotz Psychologen-Gespräch das dann einfach vom Tisch gewischt), aber ich war nach wenigen Wochen katastrophal depressiv. Ich hab mich zuhause ins Zimmer gesperrt und hatte regelmäßig Episoden, in denen ich in ein Loch gefallen bin und meine Eltern angeschrieen habe, dass ich das nicht mehr aushalte und wir doch bitte eine Lösung finden müssen, dass ich das nicht ein Jahr durchhalten muss (damals ging der Dienst ja noch ein Jahr lang). Dass das Verhältnis zu meinen Eltern (vor allem zu meinem Vater, der sich um meine Zukunft Sorgen machte, wenn ich aus irgendwelchen Gründen aussteige, und sowieso immer die Eintstellung hatte "da musst halt durch) bald schlechter wurde, war klar. Leider fiel auch mein soziales Umfeld zu dem Zeitpunkt durch den Dienst auseinander: Mein bester Freund war (zu recht) untauglich und in Wien auf der Uni, andere Freunde lebten ihr Leben weiter, das sich vor allem Abends/Nachts abspielte - nichts mehr für mich, der um halb sechs aus dem Bett musste, um rechtzeitig im Dienst zu sein. Ich war also auch so sehr isoliert.

Es kam leider wie es musste: Ich hab mich pflichtbewusst durchgekämpft, im Dienst fiel mein zunehmend schlechterer Zustand scheinbar keinem auf, und bin gleichzeitig immer mehr verfallen. Nach vier Monaten (und noch acht vor mir) wusste ich nicht mehr weiter und hab versucht, allem ein Ende zu setzen. Hat nicht geklappt (offensichtlich), hat mich aber endlich soweit gebracht, Hilfe zu suchen. Hab mich einer Ärztin anvertraut, die gemeint hat, sie hilft mir, da rauszukommen und mich in Therapie gebracht hat.

Leider war die Sache damit noch nicht vorbei, denn ich „durfte“ nicht aus dem Dienst, weil mein Vater die ganze Geschichte sehr persönlich nahm (weil ich ihm dann schon sehr deutlich entgegengeworfen habe, dass seine Haltung mit Schuld war, dass es fast mit mir vorbei gewesen wäre) und noch immer meinte, ich darf da nicht raus, das schädigt meine Zukunft. Ich bin also tatsächlich nach einem Krankenstand wieder zurück und habs noch ein Monat versucht. Dann waren meine Eltern auf Urlaub, ich bin übers Wochenende zu meiner Schwester gefahren, hab mich meinem Schwager (der Arzt ist) anvertraut. Und er hat mich sofort zu einem Psychologen gebracht, der mir nach dem Anhören meiner Geschichte sofort gesagt hat „raus da“. Und das hab ich auch durchgezogen. Zum Glück.

Fazit meines Diensts: Ja, ich hatte schon das Gefühl, etwas nützliches zu tun, aber die Art von Dienst, die man mir anbieten konnte, war für mich nicht nur unpassend, sondern sogar schädlich. Ich habe danach einige Jahre in Therapie verbracht, um das aufzuarbeiten - Therapie, die ich bzw. meine Eltern Großteils selbst bezahlen mussten. Der Knacks in meiner Familie war auch noch länger zu spüren. Und für mich wars auch danach nicht „zurück zu normal“, sondern sogar die Freude am Studium war weg - kein Wunder, dass ich erst NACH meiner Zeit bei consol mein Studium abgeschlossen habe. Und bis heute hab ich Albträume, in denen ich zurück muss. Und ich hab echt aufgeatmet, als ich offiziell „zu alt“ war, nochmal geholt zu werden. Heute würde es mir - mit einem stabileren sozialen Umfeld - wohl besser ergehen, aber trotzdem bleiben mir die Narben und die Trigger.

Es wundert wohl keinen, dass ich voll und ganz für eine Abschaffung der Wehrpflicht bin. Oder zumindest dafür, dass der Staat volle Verantwortung für die Konsequenzen übernehmen muss. Keine Teiltauglichkeit, vor allem bei psychischen Problemen (genau da sagt man ja "naja, dann ist man halt nicht für den Dienst mit der Waffe tauglich), sondern sogar strengere Kritierien; volle Entschädigung für alle negativen Folgen, die sich aus dem Dienst ergeben - wer mit einem Zwangsdienst für solche Dinge sorgt (und ich bin kein Einzelfall), sollte auch dafür Verantwortung übernehmen; engmaschige Kontrollen im Dienst durch unabhängige Ärzte/Psychologen, die jederzeit sagen können „raus da“. Grundsätzlich bin ich dafür, dass man der Gemeinschaft etwas zurückgibt, aber bitte jeder nach seinen Fähigkeiten. In der Pflegediskussion heißt es immer „dafür muss man gemacht sein“, aber offensichtlich reicht es beim Zivildienst, 18 Jahre alt zu sein. Und die Alternativen sind auch nicht für jeden. Und wenn ich heute daran denke, wozu es fast geführt hätte … nein danke.

Und noch ein Fazit: ich bewundere jeden, der einen Pflegeberuf ergreift. Das muss man können, das muss man schaffen. Ich weiß ganz genau: Ich kann es nicht. Ich finde, ein freiwiliiges Soziales Jahr wäre sinnvoll, bevor man zum Beispiel Arzt wird, aber jemanden, der mit Computern besser befreundet ist als Menschen dort reinzuzwängen, halte ich für falsch. Für manche ist es, ja, eine neue Erfahrung, die den Menschen verändert. Und für manche ist es eine neue Erfahrung, die für immer Narben hinterlässt. Und ja, das Argument, das dann gern kommt ist „in einem Job musst du da auch durch“. Und das seh ich nicht so. Bei einem Job suche ich mir etwas, das zu mir passt, und kündige, wenn es nicht passt. Das kann ich dort nicht.

Ich kann mir das nicht wünschen, weil die Vorstellung, dass meine Tochter einmal „muss“ mir echt heftige Magenschmerzen verursacht. Schon bei meinem Neffen (der genau in dieser Krise geboren wurde und für mich damals ein Lichtblick war, weil ich mich auf den Nachwuchs echt gefreut hatte) hatte ich da echte Sorgen, dass es ihn trifft wie mich. Zum Glück ging alles gut. Was ich aber aufgreifen möchte, ist, dass ich die Argumentation gegen den Dienst von Frauen, die gerne genannt werden, seltsam finde. Ich beführworte das Argument „Frauen haben sowieso schon so viele berufstechnische Nachteile, wenn die mal abgebaut sind, sollten wir über einen gleichberechtigten Dienst nachdenken“. Mit was ich nicht kann: „Frauen kriegen die Kinder, die brauchen nicht dienen“. Hab ich sogar schon von recht ranghohen Soldaten gehört. Erstens schaltet man da eine Möglichkeit („Frauen haben das Recht, Kinder zu bekommen“) mit einer Pflicht („Taugliche Männer müssen zum Wehrdienst/Wehrersatzdienst“) zusammen, was keinen Sinn ergibt (wir haben ja keine „Gebährpflicht“); zweitens gibt es Väter, die statt den Müttern in Karenz gehen oder es gleichberechtigt aufteilen. Ich war auch mehrere Monate in Karenz und übernehme jetzt (als von zuhause arbeitender Selbständiger) einen recht großen Anteil an der Kinderbetreuung - hab ich jetzt ein Anrecht darauf, meine Lebenszeit vom Innenministerium zurückzubekommen, weil ich mich auch um meine Tochter gekümmert habe?

Sorry für die Wall of Text, aber das musste jetzt raus. Mal sehen, ob ich den Thread danach doch noch muten muss, aber jetzt geht’s mir mal besser.

15 „Gefällt mir“

Dafür musst du dich absolut nicht entschuldigen. Und wenn es dir hilft mit bestimmten Dingen/Erlebnissen besser fertig zu werden kann der Text auch 3x so lang sein.

the lion king hug GIF

10 „Gefällt mir“

Oage Gschicht, Florian :neutral_face:

Meine Episode ist schnell erzählt. Lang wars mir wurscht, ob ich Heer oder Zivildienst mache. Dann hab ich beim Fortgehen einen alten Bekannten getroffen, der gerade beim Heer war, und der hat mich fast schon unter Tränen angefleht, nicht zum Heer zu gehen, weil er das absolut gehasst hat. Gut, dann hab ich mich um Zivildienstmöglichkeiten umgesehen und bin im Therapiezentrum Ybbs untergekommen. Dort habe ich, auf Grund meiner Industriekaufmann Lehre, das Jahr in der Verwaltung verbracht, hab viel Bullshit-Job Bürokratie erledigt aber auch ein paar Inventuren durchgeführt. So gesehen wars nicht viel anders als meine Lehre davor :smiley:

Was mir schon was fürs Leben gebracht hat, war, mit geistig behinderten Menschen in Kontakt zu kommen. Anfangs hatte ich da ziemliche Angst davor, aber mit der Zeit sieht man die Leute dort eigentlich als normale Menschen, die halt etwas eigen sind :slight_smile:

Richtig viele meiner Freunde haben damals übrigens über den Zivildienst in Sozialberufe gefunden und sind inzwischen in verschiedensten Positionen erfolgreich und zufrieden.

Ich habe also, wie so oft in meinem Leben, relativ viel Glück gehabt :four_leaf_clover:
*auf Holz klopf *

2 „Gefällt mir“

Was ich auch noch erwähnen muss, ist, dass meine Zivildienstzeit genau zur ersten Schwarz-Blauen Regierung damals war. Das hab ich hauptsächlich deswegen zu spüren gekriegt, weil uns quasi im Monatstakt der Lohn (oder wie das beim Zivieldienst heißt) gekürzt, dann wieder erhöht, dann wieder auf Essensbons umgestellt und dann wieder gekürzt wurde :sweat_smile:

das waren die 2 schrecklichsten tage meines Lebens. zum gluck untauglich.
dachte in Österreich gelten die Menschenrechte uneingeschränkt. aber anscheinend nur für nicht-stellungspflichtige. und die Mehrheit hält das auch noch für ok…

1 „Gefällt mir“

Stupide Bürokratie war mir auch am liebsten. Gabs aber leider nur jeden Montag Nachmittag. Das war ein Highlight.

Ach Gott, ja, stimmt. Das war damals echt heftig. Musste Rechnungen mitbringen, um zu belegen, dass ich das Geld eh für Essen ausgebe. Und dann haben sie’s gekürzt, damit es am Niveau vom Bundesheer ist. Oder wie damals berechnet wurde: Ein Zivi muss von einer Wurstsemmel und einer Flasche Mineral am Tag leben können, mehr geht sich damit nicht aus. Blöd nur, dass es für viele Zivis der Regelfall ist, sich selbst versorgen zu müssen, während der beim Bundesheer im Normalfall eh in der Kaserne essen sollte … Wurde aber glaub ich dann wieder geändert.

Für die Wehrpflicht gibt’s eine eigene Ausnahme aus den europäischen Menschenrechten, die ja sonst Zwangsarbeit verbietet. Deshalb ist ja auch jede Fantasie „führen wir für die Frauen halt nur Zivildienst ein“ zum Scheitern verurteilt. Man muss grundsätzlich wehrpflichtig sein und sich dann eventuell für einen Wehrersatzdienst entscheiden können, sonst ist es Zwangsarbeit. 'nuff said.

1 „Gefällt mir“

Also ich kann das zu 100% nachempfinden. Zwar nicht auf Zivildienst bezogen, aber auf Job + Vaterdruck/Therapien/Triggerpunkte etc.! Liest sich sehr ähnlich meiner Erfahrungen.

Ich war beim Bundesheer - ET X/96 in Mautern. Die Zeit war der absolute Alptraum und das meine ich wirklich so. Gemobbt worden, bedroht worden, beschissenstes Essen ever uvm.!

Zwei positive Dinge - Tischtennis habe ich dort gespielt - das war lustig und der Tag, wo der Alptraum endlich vorbei war.

Heer ja - aber nur Berufsheer - Zivildienst - ja, aber auch nur für Leute, die solche Dinge halt wirklich „können“ und nicht negativ davon beeinflusst werden bzw. nicht abschalten können „danach“.

Ohne Zivis würde halt auch viel in unserer Gesellschaft nicht funktionieren, muss man sagen.

1 „Gefällt mir“

Dann hoffe ich, dass du damit (großteils) heute deinen Frieden machen konntest.

Ich glaube schon, dass es möglich wäre, aber natürlich braucht man dann ganz andere Strukturen. Es ist aber auch bezeichnend, dass man zwar von Bundesheerleuten immer wieder abfällige Worte über den Zivildienst hört, auch manchmal von Politikern (weil wir brauchen die Leute ja beim Heer), aber der Zivildienst glaub ich in der Bevölkerung höher angesehen wird. Sieht man ja auch wunderschön bei der Wahlmotivforschung zur Volksbefragung damals. Die meisten Leute waren für die Beibehaltung wegen des Zivildiensts (siehe auch das Narrativ „ohne den Zivildienst kommt die Rettung zu spät!“ - und es war wohl kein Zufall, dass vor allem ältere Menschen für die Beibehaltung waren). Insofern hat der Zivildienst damals die Wehrpflicht „gerettet“.

„Lustig“ finde ich nur (und das lustig mein ich da sarkastisch, weil das solche Trigger-Themen für mich sind), dass dieselben Parteien, die damals erklärt haben „nur so kommt die Rettung nicht zu spät“ jetzt jammern, dass zu wenig taugliche Zivildiener da sind für die Rettung. Nur zur Erinnerung: Ja, die Tauglichkeitsquote ist niedrig, aber in den letzten Jahren nicht katastrophal gesunken. Insofern sich jetzt auf „schwache Geburtenjahrgänge“ (die waren damals schon auf der Welt) und „schlechte Tauglichkeitsquoten“ (die hatten wir da auch schon) rausreden, find ich dreist. Aber gut, das ist Politik.

2 „Gefällt mir“

Was raus muss, muss raus, dafür sind wir ja da. Klingt heftig, absolut. Aber super, dass du es dann letztlich doch geschafft hast!

Mein Zivildienst war recht unspektakulär. Ich war in einem geriatrischen Tageszentrum, quasi eine Art Kindergarten für alte Menschen. Zivis holten die Besucher*innen in der Früh ab, Jause, turnen, basteln, singen, tanzen,… Mittagessen, Jause, ab nach Hause.

Unangenehm waren diverse Gerüche sowie diverse Ausscheidungsprodukte, die wir Zivis jedoch nicht wegmachen mussten, Gsd. An den Rest gewöhnt man sich.

Waren meist 3-7 Zivis zur Spitzenzeit, alle 4 Monate kam eine neue Partie, wobei einige Kollegen schon sehr oft auf Stand waren.

Da ich etwas älter war und eine Berufsausbildung hatte, haben’s mir auch angenehme Arbeiten übertragen, Weihnachts- und Ostermarkt, Gartenarbeiten, Büro,… Durfte sogar während des Bastelns für die Matura lernen.

Finanziell war es hart, hatte eine Wohnung, keine Unterstützung von daheim, Freitag/Samstag Nacht arbeiten, nebenbei Matura am Abend und das natürlich 12 Monate lang. Die Träume nochmal hin zu müssen hatte ich auch noch Jahre lang.

4 „Gefällt mir“

Das stimmt. Finanziell war es für mich auch ultra hart. Insbesondere beim Heer. 180€ waren ein Witz der Sonderklasse.

1 „Gefällt mir“

Ich hatte einen sehr schönen Zivildienst der mich sogar zu meiner jetzigen Berufswahl bewegt hat.

Ich war Stationshilfe auf einer Multiplen Sklerose Station.
Alle Kollegen*innen extrem nett und wertschätzend mir gegenüber und die Arbeit selbst hat mir auch enorm viel Spaß bereitet. Kurz davor wollte ich noch programmieren lernen und dann arbeitete ich dann doch lieber mit Menschen. :grinning:

Kann mich noch gut erinnern das ich damals ca. 400€ im Monat bekommen habe. Nach dem einen Jahr Zivildienst war ich dann für 5 Monate arbeitslos bevor die Schule begonnen hat.
In dieser zeit habe ich dann 500-600€ im Monat fürs Nichtstun und faulenzen bekommen. Die größte Verarschung meines damaligen Lebens…

4 „Gefällt mir“

Ich war dann wohl einer der wenigen, die zum Heer wollten, aber nicht durften, da untauglich.

Stattdessen bin ich dann iin dem Jahr arbeiten, reisen und studieren gegangen. Hinterher habe ich es nicht bereut, weil alle Freunde die beim Heer waren mir hauptsächlich erzählt haben, wie enttäuscht sie vom Zustand des Heeres und der Institution waren.

Früher war ich auch ein bedingungsloser Befürworter der Wehrpflicht in Österreich, mittlerweile bin ich dagegen angesichts der aktuellen geopolitischen Lage. Wie sich die Zeiten ändern! :smiley:

Im Moment bin ich mit dem desolaten Zustand des österreichischen Bundesheeres auch sehr zufrieden, so können nämlich die NATO-Fanatiker von den NEOS u.a. in Österreich ihre Kriegsfantasien nicht ausleben, solange das Heer so im Eimer ist :slight_smile:

Ich bin kein Neos Fanatiker, ich wähle die nicht mal und trotzdem massivst für einen Nato Beitritt.

Ich wollte unbedingt zum Heer, man hat mir dann bei der Musterung leider den Zivildienst nahe gelegt. Dazumal war ich körperlich nicht wirklich fit, wollte aber zu 100% zum Bundesheer aber was willst machen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt meine Lehre fertig und der Zivildienst kam zur rechten zeit und war sehr ok für mich. Ich hab mich selbst um eine Stelle gekümmert und logischerweise etwas gesucht und gefunden was in der Nähe von zu Hause war. Manche haben sich nicht darum gekümmert und eine Stelle in Tirol plus Unterkunft bekommen, da hätt ich drauf geschissen. Ich hab mich im Zivildienst gut reingehängt und von der Haustechnik bis zum Sozialbetreuer alles quer durch die Bank gemacht. Konnte diverse Fortbildung frei auswählen und hab so Interesse Sachen wie Brandschutzwart und Aufzugswart gemacht. Bin nach dem Zivi wieder zurück in die Firma wo ich die Lehre gemacht habe und nach drei Monaten schreibt mir die ehemalige Zivistelle, dass sie mich brauchen und hab in Folge zehn Jahre dort Vollzeit gearbeitet, das war irgendwo auch meine Intention mich im Zivi gut anzustellen um dann vielleicht einen Job rauszuschlagen.

Konnte durchgehend selbständig arbeiten und hab echt viel erlebt, schönes und auch schreckliches aber so ist das Leben, es war eine gute Zeit in einer soliden Umgebung aber halt auch weil ich mir selbst alles so gerichtet habe wie es mir passt und mir von niemanden am Kopf kacken hab lassen nur weil man die Zivi Plakette am Gewand hatte. Hab damals 480 Euro bekommen, damals ok. Bis heute hatte ich dort die besten Dienstzeiten aller Zeiten und viel Freizeit weil 10 Stunden Dienste. Zwei Tage Arbeit, drei Tage frei.

Und da später der Zivi ja kein Problem für Polizei, Heer und Co. war, hat es mir danach auch kaum Schwierigkeiten bereitet Job zu machen die mir dann später mehr getaugt haben.

1 „Gefällt mir“