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Die Switch ist ein Erfolg für Nintendo. Der Konsolenhersteller korrigierte seine Prognose für die verkauften Switch-Einheiten für das Geschäftsjahr um 4 Millionen Einheiten, die Prognose der verkauften Software-Einheiten um ganze 15 Millionen Einheiten nach oben. Super Mario Odyssey hat der Plattform zudem einen weiteren Schub verschafft und das erste Weihnachtsgeschäft der Switch steht bevor. Schon jetzt ein erfolgreiches erstes Jahr. Nintendos Aktienkurs steigt und steigt. Aber was kommt als Nächstes? Ein Blick auf die Präsentation des CEO Kimishima an Aktionäre gibt einen deutlichen Hinweis.
Eine Email-Umfrage in den USA direkt von Nintendo ergab ein deutliches Bild der aktuellen Switch-Nutzergruppe. Der Großteil der Nutzer ist männlich und zwischen 25 und 34 Jahre alt. Also Personen, die höchstwahrscheinlich mit Nintendo aufgewachsen sind und sich nun die aktuelle Konsole gekauft haben. Diese Daten basieren zwar nur auf gut 60.000 US-Nutzer, doch lassen sich hier Schlüsse auf die zukünftige Strategie Nintendos ziehen.
Was ist mit den Kindern?
Besonders fällt auf, dass der durchschnittliche Switch-Benutzer kein Kind ist. Das mag für die Marke Nintendo, die seit jeher für Kinderunterhaltung steht, paradox klingen, ist aber durchaus so gewollt. Mit einem Preis von 330 Euro ist die Switch schlicht zu teuer für das Taschengeldbudget vieler Kinder. Inklusive Spiel und Tragetasche erreicht der Preis 400 Euro. Da mag der Ruf für familienfreundliche Unterhaltung auch noch so stark sein, die meisten Eltern werden sich davor scheuen, die Switch zu diesem Zeitpunkt für ihr Kind zu erwerben. Nintendo hat dementsprechend geplant und die komplette Switch-Strategie auf die Zielgruppe der Mittzwanziger und Mittdreißiger ausgerichtet. Anfangs waren Kinder in Switch-Werbespots kaum zu sehen. Diese nehmen jetzt mit dem herannahenden Weihnachtsgeschäft einer immer stärkere Rolle ein, da Eltern zur Weihnachtszeit eher dazu bereit sind, teure Geschenke zu machen. Gerade Super Mario Odyssey könnte Eltern zum Kauf überreden.Aktuell gilt: Switch ist zu teuer für Kinder. Aber das wird sich in Zukunft ändern. Das Angebot an Spielen wird immer größer. Mit Kirby Star Allies und Yoshi sind für 2018 schon zwei kinderfreundliche Spiele angekündigt, die dank der zwei inkludierten Joy-Con wie gemacht für kooperativen Multiplayer zwischen Geschwistern sind. Auch der Preis der Switch wird mit der Zeit fallen oder Nintendo entscheidet sich für die Veröffentlichung einer günstigeren Switch, wie auch immer diese aussehen mag. Bis dahin bleibt der 2DS/2DS XL das Hauptprodukt für Kinder.
Der Elefant im Raum
Die interessanteste Information aus der Umfrage ist aber der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Switch-Besitzern. 86 Prozent männlich, 11 Prozent weiblich. Aus diesen Zahlen ergeben sich Herausforderungen, aber auch immense Chancen für Nintendo. Mädchen und Frauen spielen genauso gerne Videospiele wie Jungen und Männer. Dabei gibt es aber durchaus unterschiedliche Präferenzen bei den einzelnen Genres. Die Analysefirma Quantic Foundry wollte genau diesen Unterschied erforschen und hat hierfür 270.000 Spieler mittels einer Onlineumfrage zu ihren Interessen befragt. Von diesen Spielern gaben 18,5 Prozent an, Frauen zu sein. Auf die Frage, welches Genre sie am häufigsten spielen (Auswahl):- 69 Prozent Match 3
- 69 Prozent Familien- und Farmsimulation
- 42 Prozent Casual Puzzle
- 41 Prozent Atmosphärische Exploration
- 37 Prozent Interaktives Drama
- 36 Prozent MMOs
- 33 Prozent Japanische Rollenspiele
- 26 Prozent Westliche Rollenspiele
- 7 Prozent Ego-Shooter
- 6 Prozent Rennspiele
- 4 Prozent Taktikshooter
- 2 Prozent Sportspiele
(Geheim)Waffe Animal Crossing
Frauen mögen Familien- und Farmsimulationen besonders gerne? Da gibt es doch auch was von Nintendo! Ja, Animal Crossing zielt genau auf dieses Genre ab und ist dabei auch sehr erfolgreich.Auf DS und 3DS konnte sich Animal Crossing zu einem Topseller neben Pokémon und Mario etablieren. Und wer liebt die Serie besonders? Richtig. Mädchen und Frauen. In einem Interview mit dem verstorbenen Nintendo CEO Satoru Iwata war dieser von diesen Zahlen überrascht. Zum Zeitpunkt des Interviews (2013) waren 69 Prozent der 3DS-Besitzer männlich, aber 56 Prozent der Animal Crossing: New Leaf-Spieler weiblich. Diese “erstaunlichen Zahlen” gekoppelt mit den ohnehin starken Verkaufszahlen der Serie dürften eine Schlüsselrolle in der zukünftigen Strategie der Nintendo Switch spielen.
Ende November erscheint Animal Crossing: Pocket Camp für Smart-Devices. Es dürfte kein Zufall sein, dass der Protagonist im Werbematerial weiblich ist. Perfekt wäre hier eine Interkonnektivität zwischen Pocket Camp und dem nächsten Animal Crossing für Switch. Dass man im Mobile Spin-Off keine eigene Stadt managt, sondern „nur“ einen Zeltplatz, könnte in diese Richtung deuten.
Und sonst?
Neben Animal Crossing dürften wir auch eine Fortsetzung von Tomodachi Life sehen. Ebenfalls eine Lebenssimulation, die aber viel skurriler ist und sich überraschend gut verkaufen konnte. Etwas unbekannter für viele dürfte New Style Boutique-Serie sein, die zwar nicht direkt von Nintendo entwickelt wird, für die das Unternehmen aber als Publisher fungiert. Der vierte Teil ist dieser Tage in Japan erschienen, bei uns erscheint der dritte Teil mit dem Titel Nintendo presents: New Style Boutique 3 – Styling Star am 24. November für den 3DS. Auch dies ist eine Serie, die noch eine Rolle auf der Switch spielen könnte. Im Match 3-Bereich könnte Nintendo jederzeit ein kleineres Spiel für den eShop veröffentlichen oder wir sehen vielleicht einen Port von Pokémon Shuffle. Match 3 ist auf Smart-Devices zuhause. Sollte Arena of Valor auf Switch erfolgreich sein, könnten andere Mobile Ports, darunter auch Match 3-Spiele, portiert werden.Und natürlich besteht die Chance auf ganz neue Franchises für Nintendo Switch, die im Durchschnitt interessanter für weibliche Spieler sind. In einem Interview mit dem japanischen Magazin Famitsu könnte Yoshiaki Koizumi, einer der Entscheidungsträger bei der Konzeption der Switch, genau das angedeutet haben. Neue und unkonventionelle Spiele. Auch der CEO selbst, Tatsumi Kimishima, könnte in diese Richtung verwiesen haben. Ihm nach sollen 2018 neue Arten und Wege erscheinen, um Spaß mit der Switch zu haben.
Nintendo CEO says there will be more ways to have fun with Switch, details to be announced next year
— Takashi Mochizuki (@mochi_wsj) 30. Oktober 2017