Kolumne: Warum Nintendo plötzlich mehr wert* ist als Sony

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*laut Market Cap

Dieses Sternchen sei gleich am Anfang geklärt, denn es ist wichtig. Laut Market Cap (Deutsch: Marktkapitalisierung) ist Nintendo wertvoller als Sony (Stand: 25.6.2017). Nicht nur die PlayStation-Sparte, sondern der komplette Konzern Sony. Man muss nicht Betriebswirtschaft studiert haben, um sich darüber zu wundern. Wie kann das passieren? Wie kann das kleine Nintendo wertvoller sein als das gigantische Sony, mit all seinen Geschäftszweigen wie Handys, TVs, Film, Musik, Finanzdienstleistungen und eben auch Videospielen? Die Antwort: Aktien.

[caption id=“attachment_115812” align=“aligncenter” width=“620”] Quelle: Nikkei[/caption]

[caption id=“attachment_115813” align=“aligncenter” width=“620”] Quelle: Nikkei[/caption]

Wenn ein Unternehmen wachsen und schnell “frisches” Geld haben möchte, kann es an die Börse gehen und Aktien ausgeben. Wer eine Aktie eines Unternehmens kauft, erwirbt einen Anteil an dem Unternehmen. So erhält das Unternehmen das gewünschte Geld. Der Käufer der Aktie (der Aktionär) erhält Rechte und Pflichten. Das mittlerweile milliardenschwere Videospielgeschäft ist fest in der Börse verankert. Activision, Ubisoft, Electronic Arts, Take-Two Interactive, Nintendo, Sony, Microsoft. Sie alle sind an der Börse und werden öffentlich gehandelt. Sprich: Man kann von ihnen Aktien kaufen. Der Aktienmarkt erlaubt es diesen großen Unternehmen, bei Bedarf an mehr Geld zu kommen (indem sie mehr Aktien ausgeben, also zum Verkauf bereitstellen). Nur so lassen sich manche Großprojekte im kostspieligen Geschäft finanzieren. Welche Gefahren der Aktienmarkt mit sich birgt, zeigt aber das Beispiel Ubisoft, das allen Anschein nach über kurz oder lang von Vivendi aufgekauft werden dürfte. Das wohl bekannteste Unternehmen, das sich partout vor dem Aktiengang wehrt, ist Valve. Niemand weiß genau, woran Valve eigentlich arbeitet und in welche Projekte investiert wird. Muss auch niemand wissen, denn niemand hält öffentliche Aktien an Valve. Niemand hat Anspruch auf diese Informationen, außer Valve selbst. Öffentlich gehandelte Unternehmen wie Nintendo hingegen müssen regelmäßig die Geschäftszahlen offen legen und sich den Fragen der Aktionäre stellen.

Market Cap klingt sehr kompliziert, ist aber sehr simpel auszurechnen. Aktienkurs multipliziert mit Aktienmenge. Optimal ist diese Rechnung natürlich nicht. Der Preis einer Aktie kann trügerisch sein und muss nicht viel mit dem tatsächlichen Wert eines Unternehmens zu tun haben. Was ein Unternehmen “tatsächlich wert ist”, ist eine ganz eigene Diskussion. Bei einem Bauunternehmen besteht der Wert größtenteils aus materiellen Vermögenswerten (Englisch: Assets) wie zum Beispiel teuren Spezialmaschinen. Bei einem Medienunternehmen besteht der Wert größtenteils aus immateriellen Vermögenswerten wie Marken und der Kreativität der Mitarbeiter. Wie viel wert eine Marke oder Kreativität ist, das lässt sich nur schwer berechnen.

Die andere Schikane sind die Erwartungen des Marktes an ein Unternehmen, denn diese fließen ebenfalls in den Aktienkurs hinein. Soll heißen: Wenn Apples Aktienkurs heute besonders hoch ist, erwarten sich die Aktionäre gute Ergebnisse für die nähere Zukunft. Sollten die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückliegen, egal wie unrealistisch hoch diese auch sein mögen, stürzt die Aktie ab. Was im Falle Apple auch jedes Mal passiert.

Der Aktienkurs basiert also auf schwer kalkulierbaren Vermögenswerten (wie Marken) und auf den Erwartungen der Aktionäre, die komplett losgelöst von der Realität sein können. Gleichzeitig basiert Market Cap auf den Aktienkurs, was eben zu einem verzerrten Abbild der Realität führen kann.

Es kommt immer wieder vor, dass Unternehmen einen zu hohen oder zu niedrigen Aktienkurs aufweisen. Sie sind overvalued (überbewertet) oder undervalued (unterbewertet). Nintendo hat eine starke E3 hinter sich. Die Switch ist immer noch ausverkauft, mit der Produktion kommt man kaum hinterher (was aber auch an den knappen Komponenten liegt) und gerade die Ankündigung eines neuen Pokémon-Spiels dürfte die Aktionäre glücklich gestimmt haben. Diese positiven Nachrichten haben Nintendos Aktienkurs ansteigen lassen. Und da Market Cap einfach nur aus dem Aktienkurs multipliziert mit der Aktienmenge besteht, hat Nintendo nun die höchste Marktkapitalisierung seit Oktober 2008 (mitten im Wii-Boom) erreicht. Sonys Aktie hingegen ist weniger angestiegen, was aber nicht viel mit den gezeigten Videospielen zu tun haben dürfte. Die Aktionäre bestehen nicht aus Metroid-Fans, die Samus’ Rückkehr auf der Switch wertvoller einstufen als Spider-Man auf der PS4. Vielmehr ist Sonys schiere Größe Grund dafür, dass die E3 2017 nicht dieselben Auswirkungen auf den Aktienkurs hat. (Mit der Ankündigung einer PS5 wäre das sicherlich anders gewesen.) Aber die Aktionäre betrachten Sony als Ganzes, denn die Aktie beschreibt auch Sony als Ganzes. Nicht nur Videospiele, sondern auch Handys, TVs, Film, Musik und Finanzdienstleistungen. Sony ist somit ziemlich aufgebläht und unübersichtlich für viele Aktionäre, die teilweise auch nur aufs schnelle Geld aus sind und nicht viel vom Videospielgeschäft verstehen. Nintendos Kompaktheit macht die Aktie also attraktiver.

Ein kurzer Blick in die Geschäftsergebnisse macht schnell deutlich, warum Market Cap zwar ein wichtiger Indikator für den Aktienmarkt ist, die Realität aber nicht optimal wiedergibt.

[caption id=“attachment_115814” align=“aligncenter” width=“620”] Quelle: Nintendo[/caption]

[caption id=“attachment_115815” align=“aligncenter” width=“620”] Quelle: Sony[/caption]

[caption id=“attachment_115816” align=“aligncenter” width=“620”] Quelle: Sony[/caption]

Während Nintendo Erlöse von 489.095 Millionen Yen im letzten Geschäftsjahr einfuhr, generierte alleine die Game & Network Services-Sparte Sonys (wozu auch die PS4 gehört) 1649,8 Milliarden Yen. Alle Sony-Sparten gemeinsam kamen auf ein Erlös von 7603,3 Milliarden Yen. Das macht deutlich, welcher Größenunterschied zwischen diesen beiden Unternehmen besteht, wobei andere wichtige Kennzahlen hier außer Acht gelassen werden.

Stellt sich aber auch noch die Frage, woher dieser Nintendo-Enthusiasmus der Börse kommt. Es wird sicherlich auch an der Switch liegen. Pokémon und gerade der kostenpflichtige Online-Service der Konsole erfreut sie, da es diese Erlöse vorher einfach gar nicht gab. Im Vergleich dazu macht Sony schon seit Jahren viel Geld mit dem SEN (früher PSN). Auch dürfte es die Investoren erfreuen, dass Nintendo die eigene IP auch in neuen Bereichen verwenden möchte, wie nun auch in Freizeitparks. Viel interessanter für den Aktienkurs dürften aber die Mobile Games sein. Mit Fire Emblem Heroes hat Nintendo bewiesen, dass man auch zum Einsetzen von Monetarisierungsstrategien wie Gacha bereit ist. Es steckt also noch viel Potenzial besonders im Bereich Mobile. Wo es Potenzial gibt, gibt es auch hohe Erwartungen. Wenn es hohe Erwartungen gibt, steigen Aktienkurs und Market Cap. Falls die hohen Erwartungen nicht erfüllt werden, sinken Aktienkurs und Market Cap.

Das erklärt, warum das kleine Nintendo plötzlich mehr wert* ist als das große Sony.

kf

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Ich finde für einmal diese Kolumne nicht so gelungen. Die Erlöse zu nehmen um zwei Unternehmen zu vergleichen ist nicht wirklich optimal.
Beispiel: Unternehmen A verkauft etwas 9mal für 10 und hat damit Erlöse von 90 und verdient pro Einheit 1 macht einen Gewinn von 9. Unternehmen B verkauft etwas 1mal für 10 verdient dabei aber 9. Unternehmen A hat zwar die 9mal höheren Erlöse als Unternehmen B aber der Gewinn ist identisch.

Für den Vergleich der Bewertung von Unternehmen nimmt man besser das Kursgewinn Verhältnis pro Aktie (KGV), also der Kurs der Aktie über dem Gewinn pro Aktie. Daraus lässt sich eher erkennen ob eine Unternehmung im Branchenvergleich unter- oder überbewertet ist. Ein tiefes KGV signalisiert dabei eine Unterbewertung.

Aber dafür bräuchte man die Erlöse nicht um aufzuzeigen, dass der Aktienkurs auch die Erwartungen an ein Unternehmen enthält. Und wie gesagt um Vergleiche zu ziehen sind Erlöse nicht wirklich tauglich. Unternehmungen generieren selbst dann Erlöse, wenn sie unter dem Selbstkostenpreis verkaufen, nur macht sie das nicht lange.

Der Vergleich der Erlöse ist eigentlich nur da um zu zeigen, in welch verschiedenen Größenordnungen diese beiden Unternehmen agieren. Wer sich nicht besonders mit der Geschichte hier auskennt, könnte glauben, dass Nintendo plötzlich mehr Erlöse als Sony generiert, weil sie nach Market Cap wertvoller sind. Was natürlich Quatsch ist.

Und das hier habe ich auch bewusst angefügt:

Das macht deutlich, welcher Größenunterschied zwischen diesen beiden Unternehmen besteht, wobei andere wichtige Kennzahlen hier außer Acht gelassen werden.

Aber die Erlöse haben nicht wirklich einen Einfluss auf die Marktkapitalisierung. Da sind die Gewinne und die erwarteten Gewinne entscheidend.
Sony hat auch in den 5 Jahren in denen sie Milliardenverluste gemacht haben höhere Erlöse erzielt als Nintendo. Weil sie eben viel breiter aufgestellt sind.

Und das ist ja genau der Punkt, den ich damit verdeutlichen möchte. Wir beide wissen das. Viele andere nicht. :wink:

Ok danke für deine zusätzliche Erklärung deiner Sicht. Ich finde es in der Kolumne halt nicht gut erklärt. Cheers :smiley:.

Ja, das kann ich verstehen. Ist schon etwas hineingeworfen. Danke fürs Feedback. :slight_smile:

Das sieht für mich nach einer klassischen Gewinnmitnahme aus. Betrachtet man die Entwicklung des Kurses der letzten 3 Monate, so sieht man eine regelrechte Explosion des Kurses. Da diese Gewinne allerdings nur theoretischer Natur sind bis man seine Papiere auch wieder verkauft, kommt es nach solchen Anstiegen oft zu vermehrten Verkäufen. Dadurch kommt es am Markt zu einem größeren Angebot dieser Aktie und der Kurs sinkt. Noch dazu agieren viele Anleger mit automatischen Verkaufsaufträgen, die aktiv werden sobald der Kurs eine bestimmte Bedingung erfüllen. Zum Beispiel wird verkauft sobald der Kurs innerhalb einer bestimmten (meist kurzen) Periode stärker abwertet. Somit soll der bisher eingefahrene Gewinn abgesichert werden und dem Anleger eröffnen sich oft nur kurze Zeit später wieder die Gelegenheit erneut einzusteigen - dann jedoch zu geringerem Kurs --> ergo er bekommt für sein Geld mehr Anteile --> das führt wiederum zu einem positive Hebeleffekt bei zukünftigen Kurssteigerungen. Auf alle Fälle entsteht durch diese Systemathik quasi ein Schneeballeffekt der dann zu stärkeren Kursrückgängen führt.

Im Grunde noch nichts ungewöhnliches und muss ncht zwangsläufig mit Bewegungen am Markt zu tun haben. Noch dazu treten wir jetzt in die Sommermonate ein - die sind traditionell meist schwächer als Ende/Anfang eines Jahres.

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Ich habe im Mai gekauft und wollte jetzt shorten (nach Mario dachte ich kam der Peak), habe es aber lassen und warte mal ab. Wenn sich die Aktie scheiße entwickelt, fliegt sie ausm Portfolio.

Markverknappung treibt Kurse in die Höhe. Ich denke, dass das Ausrufen der Produktionssteigerung eher Gift für den Kurs ist. Mit dem Weihnachtsgeschäft erreicht man den Peak, dann flaut es ab und im Juni steigt er bei guten Ankündigungen. Ich shorte Anfang Jänner, habe jetzt nachgedacht.

Mir ist der Markt zu spekulativ und ich investiere dort nur Geld, das ich verlieren kann, um eine High Yield Komponente einzubringen. Am wichtigsten sind für mich Immobilien und Gold.

Aktien sind und waren mir schon immer sehr suspekt. Mal abgesehen davon, dass ich das System nur oberflächlich kapiere :slight_smile: “Investiere in Aktien, um zu einen späteren Zeitpunkt viel mehr Geld rauszubekommen” klingt für mich irgendwie zu sehr nach Glücksspiel. Vielleicht bin ich da auch zu konservativ, denn ich denke immer noch, dass Einkommen an eine handwerkliche/praktische/nützliche Leistung gekoppelt sein sollte. Eine Villa und zwei Yachten besitzen, weil ich mit Aktien spekuliere, aber sonst keine Leistung erbringe, klingt für mich gesellschaftlich absolut nicht wertvoll. Aber das ist eigentlich ein anderes Thema, sorry für den Einwurf :slight_smile:

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Ich habe mein Nintendoportfolio kurz nach Mario Odessey geshortet. Zur Zeit kaufe ich einen Haufen 4% Neubau Immos in Wien.

Wenn Du Dein Geld in Aktien investierst, gibst Du Unternehmen Eigenkapital, das erhöht ihre Kreditwürdigkeit und sie können Kredite aufnehmen, investieren und expandieren, was neue Arbeitsplätze schafft.

Das mache ich aber nicht, weil ich der Firma etwas gutes tun will, und schon gar nicht weil ich Arbeitsplätze schaffen will, sondern auschließlich deswegen, weil ich selber abcashen will. Sobalds um die Firma dann schlechter steht, oder es sich abzeichnet, (also eigentlich genau dann, wenn sie mein Geld dringend brauchen würde), dann zieh ich meine Aktien zurück, lass sie mir auszahlen (mir fällt grad ned ein wie man das fachmännisch nennt), kauf mir einen neuen Mercedes während die Firma durch den abgestürzten Aktienkurs, den ich mitveschuldet habe, 2/3 ihrer Arbeitskräfte kündigt, damit die Geschäftszahlen im nächsten Jahr dann wieder halbwegs passen und die restlichen Aktionäre nicht auch noch davon laufen. Aber ja, klar, es geht um die Arbeitsplätze :slight_smile:

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Naja, es ist eine Win-Win Situation für alle, wenn jemand in eine Firma investiert und man ist sich halt selbst auch am nächsten. Du selbst verschuldest ja nichts, sondern die Geschäftsführung. Wenn die schlecht ist, werden sowieso über kurz oder lang Arbeitsplätze abgebaut. Oft werden Dividenden auch nicht an die Aktionäre ausgeschüttet.

Soweit ich das Aktiensystem verstanden habe, ist es auf stetigen Wachstum ausgerichtet. Auf einem gesunden Niveau bleiben, ohne viel auf und ab, wird schon als Misserfolg verstanden und die Aktionäre springen ab und man ist im Arsch. Da es aber keinen unendlichen Wachstum geben kann muss die Kurve irgendwann einfach wieder nach unten gehen (im schlimmsten Fall bei Börsencrash). Das finde ich so krank an dem System. Wachsen Wachsen Hype Hype Hype, gut! Oh, gerade kein Wachstum, obwohls der Firma gut geht, die Produkte passen und alle zufrieden sind? Besser die Aktien wo anders anlegen, wo es mehr Kohle zu holen gibt. Kettenreaktion, Aktienkurs fällt, Firma sperrt zu.

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Aber wenn Du Dir den Markt ansiehst, ist er gesamt gesehen, nachhaltig. Ab und auf gibts überall.

Ich bin dem System gegenüber trotzdem kritisch :slight_smile: