Kolumne: Persona 5 – ATLUS‘ Kampf gegen die Internetmühlen

ATLUS hat in dieser Woche ein bemerkenswertes Statement über das Teilen von Persona 5-Gameplay veröffentlicht. Es warnt vor dem Teilen von Spoilern und definiert Richtlinien für Videoproduzenten.

_You can post however many additional videos you’d like, but please limit each to be at most 90 minutes long.
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Solche Einschränkungen sind nicht unüblich für die Presse. In vielen Fällen liegen sie dem Testmuster bei. Publisher legen die Regeln fest und die Presse hält sich daran. Kann nervig sein, aber das ist die Abmachung für ein Testmuster und Videoproduktion vor dem Release. ATLUS hat sich entschieden, dieselben Einschränkungen auch für YouTuber und Streamer einzusetzen. Und ATLUS ist noch lange nicht fertig mit den Einschränkungen.

Streaming Content

This being a Japanese title with a single-playthrough story means our masters in Japan are very wary about it. Sharing is currently blocked through the native PS4 UI. However, if you do plan on streaming, video guidelines above apply except length. If you decide to stream past 7/7 (I HIGHLY RECOMMEND NOT DOING THIS, YOU HAVE BEEN WARNED), you do so at the risk of being issued a content ID claim or worse, a channel strike/account suspension.

Man liest nicht oft, dass ein Publisher seine Kunden auf diese Art und Weise warnt und mit Konsequenzen droht. Dabei ist der Hintergrundgedanke ja durchaus legitim. Persona 5 ist kein Multiplayershooter oder Sportspiel. Man spielt es für die Handlung und die Charaktere. Sieht man sich das komplette Spiel auf Twitch oder YouTube an, warum dann überhaupt noch das Spiel kaufen?

Publisher gehen unterschiedlich mit den Chancen und Herausforderungen des Internets um. Devolver Digital macht immer wieder deutlich, dass sie Streams und Let’s Plays von ihren Spielen gerne sehen. Leuchtet ja ein. Durch Twitch und YouTube entsteht eine ganz eigene Konversation um das Spiel, teilweise durch Influencer-Kampagnen (spiel unser Spiel auf deinem Kanal und du bekommst dafür Geld) oder komplett umsonst. Auch die Konsolenhersteller springen mit auf den Zug. Auf PS4 und Xbox One lassen sich Spiele direkt von der Konsole ohne teure Capture Card ins Internet streamen. Microsoft kaufte das Streaming-Startup Beam auf, das Interaktionen zwischen Streamern und Zuschauern ermöglicht. Auch Amazon ist der Trend viel Geld wert, sie kauften Twitch und integrieren den Service in ihr Amazon Prime-Abo. Nintendo wird in Zukunft ebenfalls das Teilen von Videos von der Switch aus ermöglichen, komplettes Streamen wird jedoch wahrscheinlich weiterhin Zusatzequipment benötigen.

Nicht jedes Unternehmen denkt wie Devolver Digital. Zwar mögen PS4 und Xbox One von sich aus Streaming unterstützen, manche Publisher blockieren die Funktion aber einfach. In vielen Spielen werden Zwischensequenzen vom Streaming blockiert, für Persona 5 blockiert ATLUS hingegen alles. Kann man machen. Diese Haudraufmethode wird das Streamen des Spiels sicherlich erschweren. Im Streitfall auf YouTube haben die Unternehmen immer die besseren Karten und welcher professioneller YouTuber würde schon seinen Account und damit seine Haupteinnahmequelle riskieren? Auf kurzer Sicht wird ATLUS das Ziel von weniger Streams von Persona 5 erreichen. Auch wenn das Spiel schon vor Monaten in Japan erschien und sämtliche Spoiler längst im Internet herumschwirren. Vielleicht geht es den Verantwortlichen dieser Entscheidung um die Signalwirkung. Auf lange Sicht verscherzt man es sich jedoch gewaltig mit den eigenen Kunden, die sich für Streams interessieren. Aber wie viele sind das eigentlich?

Es wäre interessant zu erfahren, wie viel Geld solche Streams und Influencer-Kampagnen tatsächlich generieren und ob sie sich rentieren. Auch hier dürften die Werte stark variieren je nach Publisher, Plattform, Genre, Verkaufspreis. Nackte Daten geben die Publisher natürlich nur ungerne weiter. Für Indie-Entwickler ist jede Form von “Exposure”, also Aufmerksamkeit, wichtig. Phänomene wie Undertale hätten mit den Richtlinien von Persona 5 wohl nie ihre immense Aufmerksamkeit erhalten. Persona 5 musste sich aber auch nie um Aufmerksamkeit Sorgen machen.

Aber nun gut, ATLUS hat das Recht zu diesen Einschränkungen. Vielleicht. Wer weiß das schon so genau. Auf der rechtlichen Ebene ist das Internet in vielerlei Hinsicht Neuland. Definitionen der Vergangenheit können die Fragen des modernen Marktes kaum noch beantworten. Was genau ist Streaming? Ist Streaming nur das Zeigen eines Produkts oder entsteht dabei ein ganz neues Produkt? Kann ATLUS das Streamen von Persona 5 unterbieten oder entsteht durch das Streamen eine neue, individuelle Version von Persona 5? Nur das Recht kann diese Fragen beantworten, aber das dauert. Bis dahin bleiben diese Fragen unbeantwortet. Mit all den Konsequenzen. Es bleibt ein Markt, der anscheinend viel Geld generiert und zugleich mit chaotischer Ungewissheit kämpft.

Immerhin schützt ATLUS die Spieler vor Persona 5-Spoilern.
(Googelt bloß nicht nach Persona 5-Spoilern.)