Nintendo überraschte diese Woche mit der Ankündigung eines “Erweiterungspass” für The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Eigentlich nichts Neues für Nintendo. Mario Golf und Mario Kart 8 erhielten in der Vergangenheit ähnliche Pässe und Spiele wie Smash Bros., Fire Emblem und Hyrule Warriors beweisen zusätzlich, dass Nintendo DLCs nicht abgeneigt ist. Trotzdem: Ein DLC-Plan für die Zelda-Hauptreihe stellt für Nintendo einen Strategiewechsel dar, der Implikationen für die Zukunft des Unternehmens mit sich bringt. Manche Fans freuen sich auf mehr Zelda, andere befürchten Schlimmes. Dabei ist der Hauptgrund für den Unmut an DLC-Plänen immer der selbe; der unvollkommene Markt. Das Problem: Informationsasymmetrien.
Informationsasymmetrien beschreiben den Umstand, dass nicht alle Akteure auf dem Markt die gleichen Informationen besitzen. In seinem Aufsatz “The Market of Lemons” verwendet der Wirtschaftsnobelpreisträger George A. Akerlof das Beispiel des Gebrauchtswagenkaufes. Der Verkäufer wird immer mehr Informationen als der Käufer zur Verfügung haben. Diese Asymmetrie an Informationen kann zu negativen Effekten führen. So könnte der Verkäufer wissentlich wichtige Informationen verschweigen, damit der Kunde einen höheren Preis als den tatsächlichen Wert des Wagens bezahlen muss. Kunden, die hinters Licht geführt werden, verlassen eventuell den Markt. Ehrliche Gebrauchtwagenverkäufer leiden darunter. Weil unehrliche Gebrauchtwagenverkäufer die Informationsasymmetrien zu ihren Gunsten ausnutzen.
Videospiele sind natürlich keine Gebrauchtwagen. Einen objektiven Wert gibt es nicht, doch auch hier gibt es Informationsasymmetrien. Wenn ein Kunde ein Videospiel vorbestellt, tut er dies wissend, dass er nicht alle Informationen besitzt. Vielleicht ist der Kunde ein Fan der Reihe oder vertraut den Entwicklern und kann so über dieses Fehlen an Informationen hinwegsehen. Andere Kunden hingegen warten darauf, dass diese Informationsasymmetrie durch Dritte korrigiert wird. Sei dies durch Reviews der Presse, von Streamern oder von Freunden.
Das Ziel eines Expansion Pass oder Season Pass ist es, das Geld des Kunden so früh wie möglich zu erhalten und den Kunden zu binden. Wer so einen Pass kauft, wird sich länger mit einem Spiel beschäftigen, es weiterempfehlen, vielleicht noch zusätzlichen DLC erwerben. Auch lässt sich so der Umsatz pro Kunde erhöhen. Wer sich nicht für eine Special Edition mit physischen Extras interessiert, könnte bei einem Season Pass zuschlagen. Oder beides kaufen. Aber: Informationsasymmetrien sind nirgends so deutlich wie bei einem Pass. Bis zum Release durchschreitet ein Spiel die Pre-Launch-Phase. Previews, Trailer und Interviews werden veröffentlicht und dem Kunden so Informationen zur Verfügung gestellt. Inhalte eines DLC-Plans erscheinen erst nach Release, da sie eventuell erst nach der Fertigstellung des Hauptspiels entwickelt werden. Wie kann man damit Kunden für das weitere Geldausgeben überzeugen? Das beste Mittel ist immer Vertrauen. Vertrauen in die Marke oder Vertrauen in den Entwickler kann dazu führen, dass Kunden einen Pass auch blind kaufen. Aber Vertrauen muss über Jahre aufgebaut werden.
Das zweitbeste Mittel: Transparenz.
Niemand möchte eine “Katze im Sack” kaufen. Nintendos Liste an Inhalten sorgt zumindest für etwas Sicherheit, wobei die wichtigsten Informationen weiterhin fehlen und manche Formulierungen zu vage sind. Natürlich stechen Handlung und Dungeon hier hervor, ohne nähere Details zum Umfang müssen Kunden aber wieder auf ihr Vertrauen an Nintendo setzen.
Das drittbeste Mittel: Anreize setzen.
Monetäre Anreize sollen das Gefühl eines Angebots vermitteln. “Kaufe beide DLC-Pakete zusammen und spare ein paar Euro”, wie das Nintendo beispielsweise mit Mario Kart 8 gelöst hat. Perfider wird es bei einem zeitlich begrenzten Angebot. “Kaufe den Pass in den ersten zwei Wochen und spare noch mehr Geld!” Wie man für etwas Geld sparen soll, dessen Inhalt man überhaupt noch nicht kennt und bewerten kann, sei mal dahingestellt. Aber so funktionieren auch Vorbestellungen. Im Falle von Zelda: Breath of the Wild nutzt Nintendo einen harmloseren Anreiz. Wer den Pass kauft, erhält sofort ein paar Goodies. Nichts Weltbewegendes, aber immerhin etwas. Ob das ausreicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Günstiger wird der Pass durch den frühen Kauf allerdings nicht.
Auch wenn Nintendo schon in der Vergangenheit DLC anbot, hinterlässt diese Ankündigung ein zwiespältiges Gefühl. Bei Mario Kart weiß man instinktiv, was mehr Strecken bedeuten und ob man dafür bereit ist, mehr Geld auszugeben. Bei Zelda ist die Geschichte aber anders. Der nächste Vergleichspunkt für das Open World-Spiel Breath of the Wild wäre wohl The Witcher 3. Entwickler CD Projekt Red hat mit dem 50-Stunden-Wild Hunt-Expansion Pass um 25 Euro einen neuen Standard für die Branche gesetzt, mit dem sich jedes Unternehmen von nun an vergleichen muss. Wie groß wird der zusätzliche Dungeon sein, wie umfangreich die neue Handlung, wird vielleicht Zelda die Protagonistin dieser neuen Handlung sein und die wichtigste Frage, die alle anderen Fragen überschattet: Ist dieser DLC 20 Euro wert? Wer sich primär für die Handlung und den Dungeon interessiert, kann getrost bis zum Winter für die Beantwortung dieser Frage warten. Denn ohne Informationsasymmetrie kann man auch keine Katze im Sack mehr kaufen.