Da gebe ich Euch für das Thema „Kultur“ noch einen rechtlichen Anstoß. Das ist nämlich auch wichtiger Teil im Europarecht bezüglich der Grundfreiheit des Warenverkehrs:
Grundsätzliches
Um einen freien Warenverkehr zu gewährleisten, verbietet der AEUV:
• Ein- und Ausfuhrzölle
• Abgaben gleicher Wirkung (= Abgaben, die zwar keine Zölle sind, aber die gleiche Wirkung haben, weil sie wegen eines Grenzübertritts eingehoben werden)
• Mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen (z.B. Kontingente)
• Maßnahmen gleicher Wirkung (= Maßnahmen, die Ein- und Ausfuhren zwar nich
t mengenmäßig beschränken, aber die gleiche Wirkung haben, weil sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen).
Während die ersten drei genannten Beschränkungen nur mehr eine untergeordnete Rolle spielen, da kein Mitgliedstaat mehr eine solche offensichtliche Beschränkung einführen würde, ist der Begriff der „Maßnahmen gleicher Wirkung“ bis heute von großer Bedeutung, da gemäß der unionsfreundlichen Rechtsprechung des EuGH sehr viele staatliche Maßnahmen die gleiche Wirkung wie mengenmäßige Ein- und Ausfuhr-beschränkungen haben können.
Rs. Dassonville [8/74]
Ein belgisches Gesetz verlangte für die Einfuhr von schottischem Whisky eine Herkunftsbezeichnung. Diese konnte jedoch in einem Fall nicht vorgewiesen werden, da der Whisky über Frankreich nach Belgien importiert wurde und Frankreich eine solche Herkunftsbezeichnung nicht verlangt. Der EuGH hielt fest, dass das Erfordernis einer Herkunftsbezeichnung einen Whisky-Importeur davon abhalten könnte, Whisky über Frankreich nach Belgien zu importieren und diese Regelung somit die gleiche Wirkung haben könnte wie etwa ein gänzliches Verbot der Einfuhr von Whisky. Das Erfordernis einer Herkunftsbezeichnung wurde daher als verbotene Maßnahme gleicher Wirkung angesehen und Belgien musste das Gesetz aufheben.
Nach der Dassonville-Formel des EuGH sind Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen alle staatlichen Maßnahmen, die geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern.
Rechtfertigung
Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit sind zulässig, wenn bestimmte Rechtfertigungsgründe vorliegen. Es gibt
• geschriebene Rechtfertigungsgründe: Diese sind im Primärrecht (im AEUV) verankert: Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Schutz der Gesundheit und des Lebens, Schutz des nationalen Kulturguts, zum Schutz des gewerblichen Eigentums.
• ungeschriebene Rechtfertigungsgründe: Diese wurden vom EuGH entwickelt, sie werden als „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ bezeichnet; z.B. Verbraucherschutz, Umweltschutz, Medienvielfalt, Lauterkeit des Handelsverkehrs, wirksame Steuerkontrolle, etc. Je nach Sachverhalt kann der EuGH neue Rechtfertigungsgründe entwickeln.
Während geschriebene Rechtfertigungsgründe auch diskriminierende Maßnahmen rechtfertigen können, sind ungeschriebene Rechtfertigungsgründe nur zur Rechtfertigung unterschiedslos wirkender Maßnahmen heranzuziehen.
Das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes alleine genügt jedoch nicht; die Maßnahme muss außerdem auch verhältnismäßig sein. Verhältnismäßigkeit liegt vor, wenn die nationale Maßnahme erstens geeignet ist, das mit dem Rechtfertigungsgrund vorgebrachte Ziel zu erreichen, zweitens zur Zielerreichung erforderlich ist und drittens angemessen ist. Wenn es ein gelinderes Mittel gibt, um das legitime Ziel zu erreichen, dann ist eine Maßnahme eines Staates nicht angemessen.