Originally published at: Kolumne: Warum die Xbox One X 499 kostet - SHOCK2
499 US-Dollar/499 Euro. So viel wird die neue Xbox One X kosten, wenn sie am 7. November erscheint. Da werden Begriffe wie 6 Teraflops, 12GB GDDR5 Memory, 326 GB/s Memory Bandwith und “Echtes 4K” schnell vergessen, am ehesten hängen bleibt der Preis. Warum 100 Euro mehr als die PS4 Pro? Warum der gleiche Preis wie damals die erste Xbox One, die klar von der PS4 geschlagen wurde? Warum kein Kampfpreis anbieten und sich wieder zurückkämpfen?
Business ist halt nicht so simpel.
Schon seit der ersten Ankündigung vor einem Jahr machten Microsoft-Manager immer wieder deutlich, dass Scorpio eine “Premiumkonsole” ist und einen Premiumpreis kosten wird. Auch wurde die Konsole oft als “Monster” bezeichnet. Ein deutliches Zeichen an den Markt: “Diese Konsole wird mehr kosten, als ihr denkt. Also stellt euch darauf ein.” Ein Jahr später wird deutlich, dass sich viele Spieler nicht darauf eingestellt haben, denn sie hielten “Premium”, “Monster” und “Echtes 4K” für simple Marketingfloskeln. Vielen erscheint es nun irrwitzig, dass die Xbox One X nicht genauso viel wie die PS4 Pro, der nächste Konkurrent, kosten wird. Übel kann man es ihnen nicht nehmen, für Konsumenten war der neue Weg Microsofts ja eindeutig. Xbox One X für 399 Euro veröffentlichen, Verkäufe der Xbox ankurbeln, Sony wieder mehr Konkurrenz machen. Woran Konsumenten aber weniger denken, ist die andere Seite. Microsofts Seite.
Vor über vier Jahren erschienen Xbox One und PS4. Nach diesen vier Jahren ist klar, dass Sony das Wettrennen für sich entschieden hat. Im Schlüsselmarkt USA ist das Rennen immerhin ausgeglichen, im Rest der Welt hingegen führt Sony deutlich. 2016 brach Sony mit den Konventionen und veröffentlichte ein “Mid-Gen-Refresh”, die PS4 Pro. Lange Zeit hielt man sich mit Zahlen bedeckt, nun wissen wir, dass 1 von 5 verkauften PS4-Konsolen eine PS4 Pro ist und dass 40% der PS4-Nutzer auf die Pro upgraden. Das sind durchaus ansehnliche Zahlen, doch machen sie eines deutlich: Der Mehrheit der Konsumenten reicht die normale PS4 aus. Diese erreicht nun Preise von 200 Euro, weniger als der damals noch untypisch günstige Preis des Massenphänomens Nintendo Wii mit 250 Euro. Auch die Xbox One S erreicht derart niedrige Preise, verkauft sich aber schlechter als das Sony-Pendant. Wenn sich also die technisch bessere PS4 Pro bei aller Marktmacht Sonys nicht herausragend gut, die günstigere PS4 sich aber viel besser als die eigene günstigere Xbox One S verkauft, was bleibt Microsoft da noch übrig?
Ein gesundes Geschäft.
Ob nun 399 Euro oder 499 Euro, die größten Microsoft-Fans und Tech-Enthusiasten werden sich Xbox One X kaufen. Sie haben viel Geld in das Xbox-Ökosystem investiert, haben vielleicht schon einige Jahre Xbox Live Gold im Voraus gekauft, ihre Freunde spielen auch auf der Xbox One, sie besitzen einen 4K-Fernseher oder wollen keinen Gaming PC bauen. So werden die wichtigen Fans stärker an die Marke gebunden. Diese Strategie des höheren Preises für Fans ist nicht neu. Aus demselben Grund entstand der Xbox Elite Controller. Eigentlich halten sich Konsolenhersteller aus dem Premiumcontrollermarkt raus, Microsoft hingegen hat bei den treuen Fans mit dem Elite Controller gut punkten und Erlöse aus dem Peripheriegeschäft steigern können.
Erlöse ist ohnehin das Stichwort der Xbox One X, denn sie soll ein Problem der Sparte lösen.
Die Erlöse aus den Hardwareverkäufen gehen zurück, denn die Hardware ist einfach zu günstig. Das Ziel ist es, dies durch das Verkaufsvolumen auszugleichen (Produkt ist günstig, viele Konsumenten kaufen es, kaufen weitere Spiele etc.), aber hier ist die Marktmacht Sonys besonders spürbar, denn die günstige PS4 schlägt nun mal die günstige Xbox One S. Und das ist der springende Punkt: Eine neue Hardware für 499 Euro, die voraussichtlich mit Gewinn verkauft wird, ist für Microsoft viel gesünder als eine Hardware für 399 Euro, die voraussichtlich mit Verlust oder wenig Gewinn verkauft wird. Wer behauptet denn eigentlich, dass die Xbox One X bei einem Preis von 399 Euro plötzlich Sony ernsthaft Konkurrenz machen könnte? Wie viele Konsumenten würden denn tatsächlich von der PS4 auf die Xbox One X umsteigen? Wie viele Einheiten könnte Microsoft denn im Endeffekt mehr verkaufen und würde diese Verkaufsmenge den Schnitt in Erlösen ansatzweise adäquat ausgleichen? Lohnt sich das Risiko überhaupt?
Microsoft ist eigentlich bekannt dafür, solche Risiken einzugehen. Mit der Xbox One X scheint man aber am Ende der Risikofreude angelangt zu sein. Für das Gesamtunternehmen Microsoft dürfte eine gesunde Xbox-Sparte mittlerweile wichtiger sein, als das Rennen mit Konkurrent Sony. Das Rennen ist verloren. Das ist es nun schon seit vier Jahren. Ohnehin untergräbt das eigene “Play Anywhere”-Programm zum Teil die Xbox One. Solange sich die Spiele verkaufen, am besten digital, lohnt es sich trotzdem. Statt das Risiko einzugehen, tiefrote Zahlen zu schreiben, konzentriert sich Microsoft auf “Premiumhardware” zu einem “Premiumpreis”. Während die treuen Fans und Tech-Enthusiasten die neue Xbox One X kaufen, sollen alle Xbox-Nutzer die digitalen Erlöse (Xbox Game Pass, Xbox Live Gold) erhöhen. So spricht man beide Gruppen an. Premium oder nicht.
Wie gut sich die Xbox One X bei einem Preis von 499 US-Dollar/499 Euro im Endeffekt verkaufen kann und wie lange sie den Titel der “Stärksten Konsole der Welt” für sich beanspruchen darf, das wird die Zukunft zeigen. (kf)