Originally published at: Kolumne: Sonys Revolution Lite - SHOCK2
Da ist sie nun also, die Revolution. Jahrzehnte alte Praktiken des Konsolengeschäfts werden über Bord geworfen. Vorbei die Zeiten des einmaligen Kaufs einer Hardware, mit der man mindestens fünf Jahre lang ganz vorne mit dabei war. Neue Begriffe wie “Vorwärtskompatibilität” betreten die Bühne. Weit entfernt fühlt sich plötzlich der Launch der PS4 an, die Sorgen der Industrie damals ganz andere. Interessieren sich die Leute überhaupt noch für Konsolen? Sind sie überhaupt noch dazu bereit, Hunderte an Euros für eine Konsole auszugeben? Und was macht überhaupt Apple? Wenn die erst ihre eigene Konsole auf den Markt bringen, ist es eh vorbei für die traditionellen Konsolenhersteller.
Drei Jahre später wissen wir: Apple interessiert sich nicht für die Strategie des traditionellen Konsolengeschäfts. Das traditionelle Konsolengeschäft interessiert sich für die Strategie von Apple.
PS4 Pro. 4K, HDR, etwas bessere Grafik, etwas größeres Gehäuse. An sich eher Material für eine Pressemeldung, eine Revolution muss den Leuten aber erst erklärt werden. Gewohnt ruhig führt Chefdesigner Mark Cerny durch eine kurze Pressenkonferenz und verdeutlicht die prekäre Lage der kompletten Techindustrie: 4K und HDR kann man nicht mittelbar verkaufen. So stößt auch die Entwicklerlegende schnell an ihre Grenzen, mittels eines komprimierten YouTube-Streams die Vorzüge von 4K und HDR auf den nicht-4K- und nicht-HDR-Fernsehern der Zuschauer zu präsentieren. Das funktioniert nicht. Natürlich weiß Sony das. Dafür sind ja schließlich die eingeladenen Journalisten da. Dafür hält man ja schließlich Präsentationen in Läden ab. Die PS VR kann ein Lied davon singen.
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4K als zentraler Verkaufspunkt leuchtet in Anbetracht steigender Verkaufszahlen der Fernseher ein, birgt aber seine Tücken. Zum einen ist der Sprung von Full HD auf 4K einfach nicht vergleichbar mit dem Sprung von SD auf HD. War damals plötzlich das komplette Bild scharf, muss man sich diesmal mit einem scharfen Detail irgendwo im Hintergrund des Bildes begnügen. Zum anderen benötigt die höhere Anzahl an Pixeln mehr Rechenleistung, womit ein Teil der besseren Hardware schon wieder verpufft. Daher dürfte die PS4 Pro nur selten native 4K berechnen und stattdessen mit cleveren Tricks hochskalieren. Wer aber unbedingt native 4K haben will, darf gerne schon mal über 1.000 Euro für den Bau eines Computers zur Seite legen.
Was diese Revolution so interessant macht, ist, wie mondän sie präsentiert wird. Die Gefahr treue Kunden zu vergrätzen ist groß und so bleibt Sony betont gelassen. Ganz ruhig und sachlich wird von besserer Grafik gesprochen. Niemand applaudiert, niemand jubelt. Es ist eher wie ein Referat in der Schule. Am Ende wird höflich geklatscht. Die Nachricht hier ist klar: “Ihr müsst euch die neue PS4 Pro nicht kaufen, eure PS4 ist auch ganz toll, nicht so toll wie die Pro aber immer noch ganz toll. Und ach ja übrigens, die PS4 Pro kostet nur 400 Euro. So viel habt ihr ja schon vor drei Jahren ausgegeben. Und sie erscheint ja schon im November. Und schaut mal hier, 4,2 Teraflops. Ihr wisst zwar nicht, wie viele Teraflops eure aktuelle PS4 hat und es hat euch nie wirklich interessiert, aber 4,2 ist definitiv besser.”
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Aber warum das Ganze überhaupt? Es ist klar, das ist nicht die PS5 und das Hardware-Update eher moderat. PS4 und PS4 Pro werden parallel existieren, die Online-Community bleibt gleich, die Spiele bleiben gleich, auf der einen Kiste sehen sie halt etwas besser aus oder laufen etwas flüssiger, PS VR läuft etwas besser. Also warum überhaupt dieses Fass der Zwischenkonsolen aufmachen und nicht einfach in zwei oder drei Jahren die PS5 veröffentlichen? Sony musste reagieren. Nicht auf Microsoft. Die Xbox ist zu weit abgeschlagen, damit man sich großartig Gedanken darum machen müsste und wenn 2017 die Scorpio erscheint, kann man den Preis der PS4 Pro immer noch senken. Nein, es ist das Momentum, das Sony Sorgen bereitet. Schon vor den Pro-Gerüchten sanken die Preise schneller als gedacht und man fragte sich langsam: “War es das schon? Ist das alles, was Next-Gen zu bieten hat? Sollte ich vielleicht lieber in einen PC investieren?” Die Nachwehen des zehnjährigen Konsolenzyklus sind immer noch zu spüren. Die beste Antwort hierauf ist neue Hardware.
Nach drei Jahren ist es Zeit für eine (ebenfalls angekündigte) Slim-Variante. Drei Jahre sind mittlerweile ohnehin eine gefühlte Ewigkeit, in der die Technik neue Sprünge nach vorne vollzieht und drei neue iPhones erscheinen. Man hat sich mittlerweile dran gewöhnt, alle paar Jahre irgendein Hardware-Upgrade durchzuführen, warum denn nicht auch eine Konsole? Sony setzt auf eben diese veränderte Konsumlandschaft, die für Konsolen aber neu ist. Der Name PS4 Pro macht auch recht deutlich, dass die “PS4 Pro 2” wohl eher nicht das Licht der Welt erblicken wird. Aber in weiteren drei Jahren vielleicht ja die “PS4 Pro Slim”. Und die PS5.
So sieht sie also aus, die Revolution… Lite. Sony krempelt das Konsolengeschäft um. So Business as Usual das Thema für andere Märkte ist, so neu ist es für Käufer von Konsolen. Schon nach drei Jahren nicht mehr die aktuelle Hardware zu besitzen, ist ungewohnt. Veränderung bereitet Sorgen, die Sony mit einer betont behutsamen Präsentation zerstreuen möchte. Vielleicht zu behutsam. 4K und HDR sind nett, ein paar schönere Texturen hier und da sind nett, öfter mal 60 FPS statt 30 FPS sind nett, besseres VR ist nett. Aber das eine große Argument für die PS4 Pro bleibt uns Sony schuldig. Aber wir müssen uns die neue PS4 Pro ja nicht kaufen, unsere PS4 ist auch ganz toll, nicht so toll wie die Pro aber immer noch ganz toll. Und die PS4 Pro kostet nur 400 Euro. So viel haben wir ja schon vor drei Jahren ausgegeben. Und sie erscheint ja schon im November… (kf)